Essen. Martin Renner ist der Spitzenkandidat der NRW-AfD für die Bundestagswahl im September. Er fällt immer wieder durch nationalistische Parolen auf.
Ausgerechnet Martin Renner, dürfte AfD-Landeschef Marcus Pretzell gedacht haben, als die Delegierten den 62-Jährigen auf Platz 1 der Landesliste für die Bundestagswahl wählten. Das Ergebnis war zwar „sauknapp“, wie Renner es formulierte, aber es war gültig. Damit ist ein Mann Spitzenkandidat, der zu den ärgsten Widersachern von Pretzell zählt und der sich am äußersten rechten Rand der AfD bewegt.
Interne Streitigkeiten um Führungsposition
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Noch vor vier Wochen, beim Parteitag in Oberhausen, hatte Pretzell versucht, seinen Co-Parteivorsitzenden aus dem Landesvorstand wählen zu lassen. Der Versuch, den Gegenspieler loszuwerden, scheiterte, weil die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht zustande kam. Die Konkurrenten wollten damals nicht mal gemeinsam vor die Presse treten. Und nun ist Renner sogar erster auf der Bundestagsliste der NRW-AfD und womöglich auch ein Problem für Frauke Petry, die Bundesvorsitzende der AfD und Ehefrau von Marcus Pretzell. Denn der „Rechtsaußen“ Renner steht politisch in der Nähe des umstrittenen Thüringer Parteichefs und Petry-Gegners Björn Höcke.
Martin Renner, der in Haan wohnt und fünf Jahre in der CDU war, kokettiert damit, sich mal fürs Priesteramt interessiert zu haben. Den Tonfall eines Priesters hat er beibehalten, seine Botschaften sind aber andere. Er tritt wie ein deutschnationaler „Prediger“ auf. Bisher hieß es, das Renner-Lager mache höchstens 40 Prozent der Landespartei aus. Aber am Wochenende lag er in der Stichwahl um Platz 1 zwölf Stimmen vor dem Kandidaten des Pretzell-Lagers, Kay Gottschalk, und eine über den erforderlichen 178 Stimmen.
Staat leide unter „sozialistischer Versiffung und Barbarei“
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Damit wächst der Einfluss eines Mannes, der sagt, die AfD müsse „systemgenetisch eine rechte Partei sein“. Die Bürger wähnt er als „Systemsklaven“, er spricht gern von einer angeblichen „Selbstzerstörung unserer Kultur“. Der Staat leide unter „sozialistischer Versiffung und Barbarei“. Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist für Renner ein „Schuld-Kult“. Zwischen Islam und Islamismus macht er keinen Unterschied. In Essen stellten sich Pretzell und Renner im Gegensatz zum Parteitag in Oberhausen gemeinsam den Journalisten. „Das war ein Gefecht damals“, so Renner. Man wolle „versuchen, wieder zusammenzukommen“.
In Essen-Rüttenscheid und vor der Messe demonstrierten mehrere Hundert Bürger friedlich gegen die AfD. An dem vom Aktionsbündnis „Essen stellt sich quer“ organisierten Protest beteiligten sich viele Parteien und Verbände, darunter die SPD, der DGB, Verdi, Grüne, Linke, Jusos, und der Bund der Katholischen Jugend.