Rom. Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi muss um seine Immunität fürchten. Das Verfassungsgericht in Rom prüft eine umstrittene Immunitätsregelung, die Berlusconi vor Strafverfolgung schützt. Sollte das Gesetz gekippt werden, droht ihm die Wiederaufnahme mehrerer Korruptionsverfahr.
Das italienische Verfassungsgericht könnte in den kommenden Tagen das politische Schicksal von Ministerpräsident Silvio Berlusconi besiegeln. Am Dienstag begannen die Anhörungen zum umstrittenen Immunitätsgesetz. Sollte das Gesetz vom Sommer 2008 gekippt werden, drohen dem Regierungschef Korruptionsprozesse, und er könnte zum Rücktritt gezwungen werden. Die Opposition wittert bereits die Chance zu vorgezogenen Neuwahlen.
Das Immunitätsgesetz schützt den Ministerpräsidenten, den Präsidenten und die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern während ihrer Amtszeit vor strafrechtlicher Verfolgung. Als es vor einem Jahr verabschiedet wurde, musste sich Berlusconi vor einem Mailänder Gericht wegen Korruptionsvorwürfen verantworten. Bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtes wurde der Korruptionsprozess ausgesetzt. Das Urteil könnte bereits am (heutigen) Dienstag fallen, möglicherweise aber auch erst in der kommenden Woche.
Anwalt zuversichtlich
Berlusconis Anwalt Gaetano Pecorella erklärte am Dienstag, er erwarte eine Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit des Immunitätsgesetzes. «Die Richter sollten sich nicht von politischen Fragen leiten lassen», forderte er beim Betreten des Gerichtssaales. Bleibt das Gesetz in Kraft, würde dies den unter Druck geratenen Regierungschef stützen. Neben Justizaffären haben auch private Sexskandale den 73-Jährigen in die Bredouille gebracht.
Der Medienunternehmer und Milliardär ist seit Jahren immer wieder in Prozesse verwickelt. Schon mehrfach nutzte er seine politische Macht, um sich vor Strafverfolgung zu schützen. Bereits 2004 war ein Immunitätsgesetz gekippt worden, das eine frühere Regierung Berlusconis verabschiedet hatte. Im derzeit ausgesetzten Prozess wird dem Ministerpräsidenten vorgeworfen, 1997 einen britischen Anwalt mit 600.000 Dollar bestochen zu haben, damit dieser Berlusconi in zwei anderen Prozessen entlaste. Beide haben die Vorwürfe zurückgewiesen.
Erst vor wenigen Tagen musste Berlusconi eine empfindliche Schlappe vor Gericht einstecken. Seine Fininvest-Holding wurde zu einer Entschädigungszahlung von 750 Millionen Euro verurteilt, weil bei der umstrittenen Übernahme des Mondadori-Verlages vor 20 Jahren drei Vertraute des Regierungschefs einen Richter bestochen haben sollen. Berlusconi zeigte sich nach dem Urteil «erstaunt» und betonte, er werde sein fünfjähriges Regierungsmandat erfüllen. (ap)