Brüssel. Schwierige Aufgabe für den alten und neuen EU-Kommissionschef José Manuel Barroso: In Brüssel hat das Wettrennen um einflussreiche Ressorts in der Chefetage der EU-Kommission begonnen. Die Verteilung unter den Mitgliedsländern ist diplomatisch heikel.
Er beneide ihn weiß Gott nicht, hat der Europa-Grüne Dany Cohn-Bendit letztens über den wiedergewählten EU-Kommissionschef José Manuel Barroso gesagt. Denn der habe so vielen so vieles versprochen, dass es nun schwer werden dürfte, den Worten Taten folgen zu lassen.
Nationale Forderungen
Das dürfte insbesondere für die wichtigsten Personalentscheidungen gelten. Längst hat in Brüssel das Wettrennen um einflussreiche Ressorts in der Chefetage der EU-Kommission begonnen. Und mit jeder nationalen Forderung wird es für Barroso schwieriger, sich ein Kollegium zusammenzustellen.
Da sind zum Beispiel die Rumänen, die sich 2007 bei ihrer Aufnahme in den Staatenbund mit dem völlig überflüssigen Posten des EU-Kommissars für Mehrsprachigkeit abfinden mussten. Verärgert über den Spott, den sie dafür einstecken mussten, fordern sie jetzt ein wichtiges Portfolio – das Ressort Landwirtschaft, bei dem es um sehr viel Geld geht. Bukarest will unbedingt Dacian Ciolos in dieses Amt heben, aber Österreicher und Iren haben ebenfalls den Finger für den Agrar-Posten gehoben.
Über die Luxemburgerin Viviane Reding wird berichtet, dass sie sich ebenfalls um eines der zentralen Ressorts bewirbt: Binnenmarkt. Die Bulgaren haben derweil das politisch sensible Thema Erweiterung für sich entdeckt. Die Dänen wiederum liebäugeln den Gerüchten zufolge mit dem Amt des Klimaschutz-Kommissars, das Barroso neu einrichten will.
Große Länder - wichtige Posten
Was aber bleibt dann noch für die großen Mitgliedsstaaten? Das Ressort Wettbewerb wird traditionell nicht an Deutsche, Franzosen oder Briten vergeben, weil man es keinem EU-Kommissar zumuten will, ständig gegen Firmen aus dem eigenen Land Strafen zu verhängen. In Frankreich werden Michel Barnier Chancen als Kandidat für einen Brüsseler Posten eingeräumt. Da Barnier schon einmal EU-Kommissar war, außerdem nacheinander Umwelt-, Außen- und Agrarminister, wird Barroso ihn kaum mit einem Nebenressort wie Forschung oder Fischerei abspeisen können, sondern ihm ein wichtiges Dossier übertragen müssen – vielleicht Industrie, vielleicht Energie.
Und die Deutschen? Sind vorerst durch die Bundestagswahl ausgebremst, denn noch ist nicht klar, welche Parteien letztlich den Zugriff auf den Posten des EU-Kommissars haben werden. Immerhin gibt es dem Vernehmen nach bereits Pläne, sich um die Besetzung eines anderen bedeutenden Jobs in der EU-Behörde mit einem deutschen Diplomaten zu bemühen. Sofern der Lissabon-Vertrag seine letzten Hürden nimmt, ist der außen- und sicherheitspolitische Berater der Kanzlerin, Christoph Heusgen, im Gespräch für den Posten als rechte Hand des künftigen EU-Außenministers.