Berlin. Der CDU-Wirtschaftsexperte Friedrich Merz tritt zur Bundestagswahl nicht mehr an. Trotzdem kritisiert er den Wahlkampf der Union. Ihm fehlt vor allem eine harte inhaltliche Auseinandersetzung. Damit greift er in erster Linie die CDU-Vorsitzende Angela Merkel an.
Auch zum Ende der politischen Karriere gibt es von ihm keine versöhnlichen Töne. Der CDU-Politiker Friedrich Merz scheidet aus dem Bundestag aus und mischt sich kurz vor der Wahl mit Kritik an der Wahlkampfführung der Unions-Spitze doch noch mal ein. «Ich hoffe, dass wir auch noch über Themen reden», sagte der frühere Unions-Fraktionschef jüngst bei einer Veranstaltung in Berlin. «Ich gehöre zu denjenigen, vielleicht zu den wenigen in der CDU, die bedauern, dass wir keine harte inhaltliche Auseinandersetzung führen.» Ziel der Kritik ist die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, die Frau, an der sich Merz im Laufe seiner politischen Karriere aufgerieben hat.
Chancenlos gegen Merkels Griff
Das Verhältnis zwischen dem scharfsinnigen- und -züngigen Wirtschaftsexperten Merz und der machtbewussten Merkel gilt spätestens seit dem Herbst 2002 als angespannt. Damals verdrängte Merkel Merz vom Fraktionsvorsitz. Sie wollte nach verlorener Wahl die Opposition mit der geballten Macht von Partei- und Fraktionsvorsitz führen. Merz war chancenlos gegen Merkels Griff nach seinem Amt, er bekam so auch die Quittung dafür, dass er sich auf dem Höhepunkt des Streits um die «K-Frage« öffentlich gegen sie gestellt hatte. Sichtlich getroffen verkündete er seinen Rückzug, um sich wenige Tage später als Unions-Fraktionsvize und Wirtschaftsexperte der Fraktion doch wieder in die Pflicht nehmen zu lassen. Jedoch blieb der Vorwurf im Raum, Merkel habe ihm gegenüber ihr Wort gebrochen und hinterrücks seine Ablösung betrieben.
Den Fraktionsvizeposten gab Merz dann auch mit einem am 12. Oktober 2004 veröffentlichten Brief an die «liebe Angela» und nach «reiflicher Überlegung» wieder auf, ebenso wie seinen Platz im CDU-Präsidium. Die Entscheidung legte damals wie heute einen Wesenszug des Sauerländers offen: Der radikale Ordnungspolitiker stritt vehement für seine Positionen - im Notfall bis zur Selbstaufgabe.
Brillant in Sachfragen
In Sachfragen war der 1994 in den Bundestag eingezogene Politiker brillant, seine Vorliebe für radikale Lösungen sorgte aber auch im eigenen Lager häufig für Unmut. Der medientaugliche Oppositionsführer im Bundestag prägte beispielsweise den Begriff der «deutschen Leitkultur», an der sich Zuwanderer zu orientieren hätten. Mit einem Steuermodell, mit dem jeder «auf einem Bierdeckel» seine Steuerlast ausrechnen können sollte, machte Merz Ende 2003 von sich reden und fand zunächst auch die Unterstützung des Leipziger CDU-Parteitags. Doch allmählich wurde es ruhig um Merz, er zog sich in zweite Reihe zurück und sparte nicht mit Sticheleien gegen die einstige Rivalin, die mittlerweile Kanzlerin geworden war.
Den letzten großen Parteiauftritt hatte Merz beim Stuttgarter CDU-Parteitag im Dezember vergangenen Jahres. Er machte mit einer lang beklatschten 13-minütigen Rede noch mal die Lücke deutlich, die er nach als Finanzexperte nach seinem Rückzug auf die Hinterbänke des Parlaments hinterlassen hatte.
Spekulationen über Wechsel zur FDP
Doch seit mit Polit-Shootingstar Karl-Theodor zu Guttenberg von der CSU die Wirtschaftsposition in der Union wieder mit einem Gesicht besetzt ist, ist es ruhig geworden um den Hochsauerländer. Kurzzeitig gab es Gerüchte um einen Posten als neuer deutscher EU-Kommissar, doch so richtig vorstellen konnte er sich das selbst nicht. Hämische Kommentare erntete der 53-Jährige im vergangenen Jahr mit seinem letzten Buch «Mehr Kapitalismus wagen» - veröffentlicht kurz nach Ausbruch der Finanzkrise. Schlagzeilen machte eine öffentliche Wanderung mit FDP-Chef Guido Westerwelle, was Spekulationen über einen möglichen Übertritt in die FDP näherte.
Merz blieb jedoch in der CDU und will sich nun verstärkt der Juristerei widmen. Der Abschied aus der Politik fällt ihm jedoch nicht leicht. »Wenn meine Partei der Meinung ist, dass sie wieder mehr Grundüberzeugung braucht, dann bin ich der letzte, der sich einer Mitarbeit in welcher Form auch immer in dieser Partei verschließt", ließ er in einem Interview wissen. Dies setze aber voraus, »dass wir ein Team haben und dass wir das gemeinsam wollen». Bislang scheint es jedoch nicht so, als ob aus Merz/Merkel noch mal ein erfolgreiches Duo werden könnte. (ddp)