Berlin. Zehntausende Menschen demonstrierten in Berlin für das Festhalten am Atomausstieg. Ein Treck mit 350 Traktoren zog durch die Bundeshauptstadt. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel begrüßt den Protest. Mehr als die Hälfte der Bundesbürger sind einer Umfrage zufolge für den Atomausstieg.
Rund 50.000 Menschen aus ganz Deutschland haben nach Veranstalterangaben am Samstag in Berlin für einen konsequenten Ausstieg aus der Atomenergie demonstriert. Begleitet von einem Treck aus 350 Traktoren zogen die Teilnehmer vom Hauptbahnhof zum Brandenburger Tor, wo am Nachmittag eine Kundgebung stattfand. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) unterstützte das Anliegen der Demonstranten.
Die Demonstration stand unter dem Motto «Mal richtig abschalten - Atomkraft nein Danke». In einer Erklärung zum Abschluss der Veranstaltung hieß es: «Von dieser Demonstration geht ein klares Signal aus.» Nach Asse, Krümmel und «dem Gerede von Laufzeitverlängerungen» seien es die Menschen leid, weiter auf den Ausstieg zu warten.
Der Treck mit den 350 Traktoren hatte sich vor gut einer Woche vom niedersächsischen Wendland, wo sich das Endlager Gorleben befindet, nach Berlin aufgemacht. Am Samstagmorgen setzte er sich dann vom Berliner Stadtteil Gatow aus in Richtung Stadtzentrum in Gang, um die Demonstration zu begleiten.
Auf der Abschlusskundgebung war unter anderem IG-Metall-Chef Berthold Huber vertreten, der per Videoschaltung von einem Aktionstag der Gewerkschaft in Frankfurt am Main zugeschaltet wurde. «Es darf keinen Ausstieg aus den Atomausstieg geben», sagte der Gewerkschaftschef. Auch der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Hubert Weiger, forderte einen wirklichen Atomausstieg. Mit Blick auf die Bundestagswahl sagte er, es solle keine Stimme für Kandidaten geben, die sich für den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken einsetzen.
"Keine weiteren Milliardengeschenke"
"Die Botschaft der Zehntausenden an die Bundeskanzlerin und an die Union ist eindeutig», erklärte Gabriel in Berlin. «Hört endlich auf, den verlängerten Arm der Atomindustrie zu spielen.» Es dürfe «keine weiteren Milliardengeschenke an die Atomkonzerne durch Laufzeitverlängerung» geben. Das Problem der Endlagerung des Atommülls kann nicht gegen die Bevölkerung und nicht mit noch mehr Atomkraft gelöst werden. Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien.»
Auch der neue Chef des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, äußerte Sympathie für das Anliegen der Demonstranten. Das Festhalten am Ausstieg sei esenziell für eine zukunftsfähige Energieversorgung, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Michael Müller (SPD), erklärte in Berlin: «Die Atomenergie ist von gestern, eine Dinosauriertechnologie, die nicht sicher ist, die unverantwortbar ist.» Auch Grüne und Linke hatten die Demonstration unterstützt.
Mehr als die Hälfte der Bundesbürger sind einer Umfrage zufolge dafür, am Atomausstieg festzuhalten. 59 Prozent der Befragten lehnen die von Union und FDP geforderte Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken ab, wie die von der Umweltschutzorganisation Greenpeace in Auftrag gegebene und am Samstag veröffentlichte Erhebung ergab. Selbst 50 Prozent der CDU/CSU-Wähler und 49 Prozent der FDP-Anhänger sprachen sich in der Umfrage von TNS-Emnid für den Atomausstieg aus. (afp)