Hamburg. Konrad Freiberg, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt vor wachsender Gewalt gegen die Beamten. Mit Blick auf die heftigen Ausschreitungen in Hamburg am Wochenende beklagte er, Steinwürfe würden "verniedlicht". Er forderte eine Verschärfung der Gesetze.

Angesicht der massiven Gewalt von Randalierern gegen Polizeibeamte am Wochenende in Hamburg hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vor einer Verharmlosung der Ausschreitungen gewarnt. Zu häufig würden «Steinwürfe verniedlicht», sagte GdP-Chef Konrad Freiberg der Nachrichtenagentur ddp in Hamburg. «Doch wer Steine wirft, nimmt den Tod eines Menschen billigend in Kauf», fügte Freiberg unter Verweis auf einen schweren Zwischenfall während der Randale um eine Neonazi-Kundgebung am Freitagabend in Hamburg hinzu. Jugendliche hatten einen Funkstreifenwagen mit Steinen beworfen und mit einer Gehwegplatte eine Autoscheibe durchschlagen. Polizisten jagten daraufhin mit Warnschüssen aus ihren Dienstwaffen die Täter in die Flucht.

Mehr Veranstaltungen mit Gewaltpotenzial

Freiberg kündigte in diesem Zusammenhang Vorschläge der GdP an die Herbsttagung der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern an. Eine für den Schutz der Beamten ausreichende Ausrüstung sei nicht nur bei Demonstrationen ein wichtiges Thema. Neben Ausschreitungen zwischen Rechts und Links nehme die Zahl von Großveranstaltungen mit Gewaltpotenzial - etwa beim Fußball - stark zu.

Die Diskussion um bessere Ausrüstung und Ausbildung der Beamten sowie erweiterte gesetzliche Möglichkeiten werde deshalb «die nächsten Monate bestimmen», sagte Freiberg. Eine der Forderungen an die Innenminister werde sich zum Beispiel darauf richten, bei Widerstandshandlungen künftig eine Mindeststrafe einzuführen. Es gebe etwa «deutliche Hinweise» darauf, dass die Zahl von «Reise-Chaoten» zunehme.

Immer mehr Widerstand gegen die Polizei

Der GdP-Vorsitzende sagte: «Wir haben mittlerweile eine so hohe Zahl verletzter Polizisten, dass dies schon zum Alltag gehört.» Eine Hauptursache liege in der drastisch gestiegenen Zahl von Widerstandhandlungen, die sich innerhalb von nur drei Jahren um 6000 auf 27 000 Fälle im vergangenen Jahr erhöht habe. «Wir haben die Innenminister erst einmal aufgefordert, eine Studie zur Gewalt gegen Polizisten anzufertigen, weil die Länder hierbei in der Bewertung alle unterschiedliche Kriterien anlegen», so Freiberg.

Im Hamburg hat nach zwei Chaostagen derweil das Aufräumen begonnen. Am Rande des umstrittenen Schanzenfestes hatten sich in der Nacht rund 200 teils Vermummte eine Straßenschlacht mit der Polizei mit Verletzten und mehreren Festnahmen geliefert. Schon in der Nacht zuvor gab es im Umfeld eines NPD-Aufmarsches heftige Auseinandersetzung zwischen Randalierern und Polizisten. Zur genauen Schadensbilanz wollte die Polizei am Sonntagnachmittag auf einer Pressekonferenz Auskunft geben.

Randalierer stürmten Polizeiwache

Das Schanzenfest am Samstag hatte zunächst friedlich begonnen. Tausende überwiegend junge Menschen, die bereits den ganzen Tag über ausgelassen gefeiert hatten, verbrachten den Abend bis spät in die Nacht gesellig und tanzend auf den Straßen des Hamburger Szeneviertels. Trotz einiger kleinerer Feuer, bei denen meist Müll angezündet wurde, musste die Feuerwehr zunächst nicht eingreifen.

Dann jedoch stürmte eine Gruppe Randalierer eine Polizeiwache, an der sie die Fenster einwarfen, wie Hamburgs Polizeisprecher Ralf Meyer sagte. Nachdem mehrere Hundertschaften der Polizei gegen die Randalierer vorgerückt seien, habe diese Gruppe mit Steinen geworfen, Reifen angezündet, eine Bushaltestelle zerstört und ein Auto umgeworfen.

2000 Beamte im Einsatz

Danach habe sich die Gruppe aufgelöst und sei unter den Feiernden des Schanzenfestes untergetaucht. Von dort aus flogen Gegenstände gegen die Polizei, die daraufhin Wasserwerfer einsetzte. Die Randalierer warfen Schaufenster ein und plünderten die Auslage eines Elektrogeschäfts. Zur Eindämmung der erwarteten Randale war die Polizei mit mehr als 2000 Beamten im Einsatz, darunter aus Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Schleswig-Holstein und der Bundespolizei.

Bereits in der Nacht zum Samstag waren nach Angaben eines Polizeisprechers bei Zusammenstößen mit Autonomen zwölf Polizisten verletzt worden. Es habe 60 Fest- und Ingewahrsamnahmen gegeben. Zu einer NPD-Kundgebung hatten sich etwa 90 Neonazis sowie bis zu 700 gewaltbereite Gegendemonstranten versammelt. Die Polizei war mit mehr als 1400 Beamten im Einsatz, sie konnte mit Schlagstöcken und Wasserwerfern ein Zusammentreffen beider Lager verhindern. Es gab jedoch mehrere Verletzte auf beiden Seiten sowie Sachbeschädigungen, wie die Polizei mitteilte.

Mit dem Schanzenfest wollten Anwohner und linke Gruppierungen gegen die ihrer Ansicht nach ungerechtfertigte Härte demonstrieren, mit der die Polizei nach einem ähnlichen Fest Anfang Juli gegen gewaltsame Ausschreitungen von etwa 1000 linksautonomen Randalierern vorgegangen war. (ddp)