Essen. Einen eigenen Schul-Feiertag für Muslime hat die Türkische Gemeinde in Deutschland gefordert. Der Zentralrat der Muslime widerspricht, auch die türkischstämmige Politikerin Lale Akgün will kein Schulfrei zum Ramadan. Andere fordern Gleichberechtigung und ebenso einen jüdischen Feiertag.

Ein „Zeichen der Toleranz“ verlangt die Türkische Gemeinde in Deutschland – und bringt einen eigenen Feiertag für Muslime in die Diskussion. Arbeitnehmer können sich dabei keineswegs die Hände reiben, würde dieser Feiertag zunächst nur für Schüler gelten. „Ich fände es gut, wenn man an einem Tag, etwa dem muslimischen Opferfest zum Ende des Ramadans, allen Kindern frei gibt“, sagt der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat. Und zwar auch den nicht-muslimischen.

Kenan Kolat (Vorsitzender Türkische Gemeinde Deutschland, 2.v.r) will ein generelles Schulfrei zum Ramadan.
Kenan Kolat (Vorsitzender Türkische Gemeinde Deutschland, 2.v.r) will ein generelles Schulfrei zum Ramadan. © WAZ

Der Zentralrat der Muslime ist gegen Schulfrei zum Ramadan. „Ich glaube, das ist kontraproduktiv“, sagt der Generalsekretär des Zentralrats, Aiman Mazyek. „Ich bin zwar dafür, muslimische Feiertage als deutsche Feiertage aufzunehmen, aber die müssen nicht unbedingt arbeitsfrei sein.“ Es sei bereits jetzt gute Tradition in vielen Schulen, dass muslimische Schüler an ihren Feiertagen schulfrei hätten. Das sollte man beibehalten.

In eine ähnliche Richtung argumentiert auch die türkischstämmige Kölner Politikerin Lale Akgün, die mit der neuen Legislaturperiode aus dem Bundestag ausscheidet. „Wir brauchen keinen weiteren schulfreien Tag. Schließlich leben in Deutschland nicht nur Christen und Muslime. Wir können ja jetzt nicht jeder religiösen Gruppe schulfrei geben.“ Das NRW-Schulgesetz biete Eltern und Schülern ausreichend Möglichkeiten, an ihren religiösen Feiertagen zu Hause zu bleiben. Außerdem, sagt Akgün, zeige die Erfahrung, dass auch viele muslimische Kinder an den Feiertagen in die Schule kommen. Schon allein aus dem Grund, dass die Eltern selbst arbeiten müssten.

Änderung der Landesverfassung nicht beabsichtigt

Das nordrhein-westfälische Schulministerium verweist in einer schriftlichen Stellungnahme darauf, dass die Schulen aufgefordert seien, die „besondere Situation muslimischer Schülerinnen und Schüler zu respektieren und auch darauf einzugehen.“ Beispielsweise sollen die muslimischen Feiertage, besonders der Ramadan und das Opferfest, geachtet und zentrale Prüfungstermine nicht auf muslimische Feiertage gelegt werden. Eine Änderung der Landesverfassung, in dem dort auch nicht-christliche Feiertage aufgenommen werden, sei nicht beabsichtigt.

NRW-Integrationsminister Armin Laschet. Foto: ddp
NRW-Integrationsminister Armin Laschet. Foto: ddp © ddp

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet kann dem Vorschlag der Türkischen Gemeinde auf einen eigenen Schul-Feiertag für Muslime ebenfalls nur wenig abgewinnen: „Das ist Klamauk à la Kolat.“ In der Integrationspolitik gehe es um wichtigere Fragen. „Wir müssen Bildungs- und Aufstiegschancen und Deutschkenntnisse für Zuwandererkinder verbessern, statt neue Feiertage einzuführen“, sagte Laschet der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Kolats Vorschlag zeigt eine mangelnde Ernsthaftigkeit.“

Der Zentralrat der Juden und die Grünen in NRW dagegen finden den Vorschlag von Kenan Kolat nicht so abstrus. „Ich finde das eine klasse Idee, und es wäre ein wichtiges Signal für die gleichberechtigte Anerkennung anderer Kulturen in Deutschland“, sagt Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden. Er fordert aber neben einem muslimischen auch einen jüdischen Feiertag. Dafür komme zum Beispiel das Versöhnungsfest in Frage.

Kein arbeitnehmerfreier Feiertag möglich

Allerdings würde sich Kramer ebenso auf einen Schul-Feiertag beschränken: „In der momentanen volkswirtschaftlichen Situation kann man keinen zusätzlichen arbeitnehmerfreien Feiertag fordern.“ Feiertage, an denen alle Schüler freihätten, würden allerdings die gemeinsame Aufmerksamkeit auf die jeweils andere Kultur lenken. „Und mit solchen Erlebnissen würden wir die Erwachsenen von morgen erreichen“, sagt Kramer.

Die Grünen in Nordrhein-Westfalen schließen sich an. Sie wollen mit einem muslimischen und einem jüdischen Feiertag der „multireligiösen Gesellschaft Rechnung tragen“ – und diese Tage schulfrei machen. Über die konkrete Umsetzung müsse dann noch diskutiert werden, sagt die migrationspolitische Sprecherin Andrea Asch.

Die Linke in NRW spricht sich sowohl gegen christliche als auch muslimische Schul-Feiertage aus. „Wir wollen, wie auch in unserem Programm dargelegt, Religion aus der Schule heraushalten“, sagt Linken-Sprecher Ralf Michalowsky. „Wir leben in einer säkularisierten Welt, und da sollte Religion nur auf freiwilliger Basis am Nachmittag in der Kirche oder Moschee stattfinden.“

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