Düsseldorf. Ein Erlass zum Unterricht für Flüchtlinge sorgt für Ärger. Laut Schulministerium bringt er praktisch keine Änderungen. Opposition und Lehrerverbände warnen vor Verschlechterungen.

  • Opposition im Landtag befürchtet die Auflösung der Vorbereitungsklassen für Flüchtlingskinder
  • Schulministerium dementiert: die Begriffe „Auffang- und Vorbereitungsklassen“ seien durch „Sprachfördergruppen“ ersetzt
  • GEW-Landeschefin Dorothea Schäfer hält es trotz des Dementis für möglich, dass die Regierung die Vorbereitungsklassen auflösen möchte

Ein Erlass des NRW-Schulministeriums zum Unterricht von Flüchtlingskindern hat am Freitag Verärgerung im Landtag ausgelöst. CDU, FDP und Piraten vermuten dahinter die Absicht, die Vorbereitungsklassen für Flüchtlinge aufzulösen und die Kinder von Anfang an in den Regelunterricht zu schicken. FDP-Fraktionsvize Joachim Stamp sprach von einer „integrationspolitischen Geisterfahrt“.

Das Schulministerium dementierte. Es handele sich um ein„Missverständnis“. Im Grunde seien in dem neuen Erlass nur die Begriffe „Auffang- und Vorbereitungsklassen“ durch „Sprachfördergruppen“ ersetzt worden. Eine Aussprache zu dem Thema lehnten SPD und Grüne am Freitag ab.

GEW-Landeschefin Dorothea Schäfer hält es trotz des Dementis für möglich, dass die Regierung die Vorbereitungsklassen auflösen möchte. „Das wäre fatal. Es ist gut, dass diese Kinder zunächst unter sich sind. In den Regelklassen würden viele von ihnen erst mal nur dasitzen und nichts verstehen“, sagte sie. Der Erlass verunsichere viele Lehrer. Pädagogenverbände seien nicht an den Gesprächen über den Erlass beteiligt worden.

Die Vorsitzende von Lehrer NRW, Brigitte Balbach, sagte: „Der Erlass ist für die schulische Integration von Flüchtlingskindern und für die Qualität des Unterrichts in den Regelklassen eine Katastrophe."

Schulministerium: "Vorbereitungsklasse" heißt nun "Sprachfördergruppe"

Ein Sprecher des Schulministeriums versicherte auf dpa-Anfrage, zu Abstrichen für Flüchtlingskinder komme es definitiv nicht. Wer laut neuem Erlass dem "gesamten Unterricht nach der Stundentafel" noch nicht ausreichend folgen kann, erhält "intensive und individuelle Förderung in der deutschen Sprache in einer eigenen Lerngruppe". Das habe man früher als "Vorbereitungsklasse" bezeichnet, sagte Sprecher Jakim Essen. Dieses Wort fehle jetzt, weil das Angebot nun "Sprachfördergruppe" heiße - womöglich habe das zu Missverständnissen geführt. Der Anspruch auf 10 bis 12 Wochenstunden Deutschförderung bleibe unverändert.

Der stellvertretende CDU-Fraktionschef Klaus Kaiser fürchtet, dass die Neuregelung zugewanderte Kinder überfordert. Wenn sie ohne ausreichende Deutschkenntnisse direkt am Regelschulbetrieb teilnehmen müssten, "können Bildung und Integration (...) nur auf der Strecke bleiben". FDP-Vizefraktionschef Joachim Stamp sprach von einer "integrationspolitischen Geisterfahrt" und kündigte an, seine Fraktion werde sich zunächst aus den mühsamen Gesprächen über einen umfassenden Integrationsplan zurückziehen.

Laut Schulministerium drücken rund 245.000 ausländische Kinder die Schulbank in NRW - Stand Ende April. Das waren rund 30.000 Schüler mehr als gut ein halbes Jahr zuvor. Darunter sind auch viele Flüchtlinge, die aber nicht gesondert erfasst werden. (mit dpa)