Essen. Trotz vieler Berichte über abnehmende Zahlen: Der Zustrom von schulpflichten Flüchtlingen hält an. Die Berufskollegs haben eine Außenstelle.

  • Jede Woche kommen etwa 50 schulpflichtige, neue Flüchtinge in Essen an
  • Neben den Grundschulen und Gymnasien spielen Berufskollegs eine große Rolle
  • Die ehemalige Adelkamp-Schule ist ein neuer Standort für den Unterricht von Flüchtlingen

In diesen Tagen ist viel darüber zu lesen, dass die Zahl der Flüchtlinge abnimmt, die nach Deutschland und Essen kommen – die Schulen im Stadtgebiet spüren das aber noch lange nicht: Jede Woche kommen etwa 35 bis 50 Kinder und Jugendliche in Essen an, die an einer Schule untergebracht werden müssen.

Beim Unterricht für die so genannten „Seiteneinsteiger“, mit denen alle Schüler gemeint sind, die über keinerlei Deutschkenntnisse verfügen, spielen neben den Grundschulen und Gymnasien auch die Berufskollegs eine entscheidende Rolle (siehe aktuelle Zahlen im Infokasten). Diese haben schon früh damit begonnen, Klassen für Flüchtlinge einzurichten, die mindestens 16 Jahre alt sind und somit nicht mehr unter die Schulpflicht fallen. „Die Berufskollegs in Essen“, sagt Regine Möllenbeck, Chefin der Schulverwaltung, „machen das großartig.“

Als erstes Berufskolleg der Stadt hat das Hugo-Kükelhaus-Berufskolleg jetzt einen Teil seiner Flüchtlngs-Klassen, in denen die Jugendlichen vor allem Deutschunterricht erhalten, ausgelagert. Sie werden seit Anfang April im Gebäude der früheren Adelkamp-Hauptschule in Frohnhausen unterrichtet. Nach den Schulstunden werden die Jugendlichen betreut; auch Ausflüge, Exkursionen und anderes stehen an – wie funktioniert die Stadtbibliothek? Was kann man in der Freizeit machen? Wie kaufe ich ein Busticket?

Schnupper-Praktika für jugendliche Flüchtlinge

Solche und andere ganz lebenspraktische Fragen werden ebenfalls hier geklärt; letztendlich ist es eine Art umfassender Landeskunde, die die Jugendlichen hier erhalten. „Wenn man die internationalen Förderklassen an Standorte wie diesen auslagern kann“, sagt Reinhild Vogt, die Leiterin des Kükelhaus-Kollegs, „dann werden plötzlich ganz andere Unterrichtskonzepte möglich.“ Mit insgesamt acht Flüchtlings-Klassen zählt ihre Schule zu jenen, die besonders engagiert sind, was Flüchtlinge bzw. Seiteneinsteiger angeht. Sechs Lehrer-Stellen sind dafür von der Bezirksregierung an ihrer Schule neu eingerichtet worden; am neuen Standort Adelkamp arbeiten außerdem zwei Sozialarbeiterinnen. Doch auch andere Kollegs richten beständig neue Klassen ein – am Berufskolleg im Bildungspark zum Beispiel fangen im nächsten Schuljahr fünf Gruppen an.

Damit die Jugendlichen, die an den Berufskollegs Deutsch lernen, eine Chance auf einen Berufseinstieg haben, plädiert Reinhild Vogt für mehr Schnupper-Praktika für die Jugendlichen: „Es gibt derzeit eine Zurückhaltung bei den Betrieben, doch wer sonst soll diese jungen Menschen denn ausbilden?“ Dass ein neuer Standort für die Beschulung von Seiteneinsteigern durchaus auch Interesse bei der Wirtschaft auslösen kann, zeigt das Sport- und Gasthaus „Goalfever“ in Altenessen: Dies spendierte den Schülern neulich Frei-Tickets fürs RWE-Spiel gegen BVB II. Der Ausgang ist bekannt: RWE siegte und sicherte sich somit die Zukunft in der Regionalliga. Das könnte ja auch für den Standort Adelkampstraße ein gutes Omen sein.