Essen. . Nordrhein-Westfalen ist der „Hotspot“ der gefährlichen Islamisten. Quartiere im Norden Bonns und in Dinslaken-Lohberg erinnern an Molenbeek.

Tarik Süleyman S. hat beim Islamischen Staat (IS) das Schießen gelernt, glauben die deutschen Ermittler. Er habe in Syrien gekämpft und in Bild-, Video- und Textbeiträgen zu Gewalttaten gegen „Ungläubige in Deutschland“ aufgerufen. Mitte März ist er bei der Wiedereinreise nach Deutschland auf dem Frankfurter Flughafen festgenommen worden.

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Tarik Süleyman S. stammt aus dem Ostwestfälischen. Er ist der bisher letzte gefasste mutmaßliche Dschihadist aus Nordrhein-Westfalen, den ein Haftbefehl des Generalbundesanwalts erst einmal in die U-Haft bringt. Das bevölkerungsreichste Bundesland ist der „Hotspot“ der IS-Kämpfer innerhalb der Bundesrepublik. Das ergeben Daten der Bundesanwaltschaft aus den letzten 15 Monaten.

Jede zweite Islamisten-Spur führt nach NRW

In mehr als jedem zweiten Fall haben seit Beginn des letzten Jahres die Spuren der von Karlsruhe initiierten 33 Haftbefehle, Festnahmen und Anklagen nach NRW geführt. Seit Januar 2015 klagte der Generalbundesanwalt vor dem für das Bundesland in Staatsschutzdelikten zuständigen Oberlandesgericht Düsseldorf 20 „Heilige Krieger“ an.

Zwölf mutmaßlich gewaltbereite Islamisten wurden in diesem Zeitraum an Rhein und Ruhr nach seinen Haftbefehlen gesucht oder verhaftet. Nils D. und der Prediger Sven Lau, Deutsche von der Abstammung her, die sich Organisationen rund um den IS angeschlossen hatten, gehörten dazu.

Riesiges Täterpotenzial

Im Visier der obersten Anklagebehörde sind Reise-Terroristen wie Tarik Süleyman S., die entweder auf den syrischen Kriegsschauplatz wollen, die Kämpfer dort logistisch unterstützen oder von dort zurückkehren. Es ist der Täter-Typ, der auch in Belgien und Frankreich auf der Fahndungsliste steht.

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Bei den Anklagen geht es meist um die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder um die Mitgliedschaft in terroristischen Vereinigungen wie Junud al Sham, was „Die Soldaten Syriens“ heißt, im Kampfverband „Auswanderer aus Aleppo“ oder im IS selbst. Das Täterpotenzial ist riesig. Mehr als 180 junge Menschen sind seit dem Jahr 2012 in die Kriegsgebiete von Syrien und Irak ausgereist. 25 von ihnen sind dort umgekommen, 50 sind wieder in NRW zurück. Sie stehen unter Beobachtung.

Bonn ist Brennpunkt für Islamisten

Viele von ihnen stammen aus Orten wie Dinslaken-Lohberg, 6000 Einwohner, 30 Prozent Arbeitslosigkeit, keine Lehrstellen. 2012 kamen die ersten salafistischen Werber der heute verbotenen Organisation „Millatu Ibrahim“ aus Bonn und München hierher. Am Ende waren zwei bis drei Dutzend kampfbereite Hardliner da. In letzter Zeit, heißt es, ist die Szene hier auseinandergefallen.

Der Brennpunkt ist heute Bonn. Im Norden Stadt liegt Neu-Tannenbusch, eine Trabantensiedlung Schon seit Al Kaida und IS das Sicherheitsgefühl des Westens auf die Probe stellen, ist dieser Stadtteil im Verruf. Bekkay Harrach kommt von hier, der 2010 im Irak starb. Marco G. wohnte in den Bauten, bevor er, wie es ihm die Anklage vorwirft, 2012 versucht hat, den Bonner Hauptbahnhof zu sprengen. Im Juli 2015 jagte sich Abdiarazak B. in Somalia in Luft und riss 18 Menschen mit in den Tod. Er war in Tannenbusch groß geworden. Und Yamin A.-Z., ein 28-jähriger Telekom-Mitarbeiter von hier, verbreitete das erste rein deutsche IS-Terror-Video. Die „Brüder und Schwestern“ in Deutschland forderte er auf: „Greift die Ungläubigen in ihren Häusern an. Tötet sie, wo Ihr sie findet“.

Tunnel unter den Wohnblöcken?

Kürzlich hat ein Polizist dem „Generalanzeiger“ erzählt, unter den Blocks erstrecke sich ein riesiges Tunnelsystem. „Da kann man von einem Haus ins andere gehen, ohne gesehen zu werden“. Was sich unter der Erde abspiele? Das wisse keiner. „Da kann man ohne Probleme abtauchen“.

Ähnelt das nicht dem Psychogramm der Vorstädte Molenbeek und Schaarbeek in Brüssel und dem mancher Ban­lieus von Paris? Offiziell bestätigt die Bonner Polizei die Existenz solcher Gefahrenherde nicht. Aber zum Jahreswechsel hat der Landesinnenminister reagiert. Er hat den Staatsschutz des Bonner Präsidiums um zwölf Beamte aufgestockt. 25 Polizisten beobachten jetzt dort die Salafisten-Szene.