Duisburg. . Chefs und Arbeiter demonstrieren in Duisburg Seite an Seite gegen Billigkonkurrenz aus Fernost. Die schade dem Klima, nicht die deutsche Industrie.

Der wolkenlose, ja, stahlblaue Himmel über Duisburg wird es an diesem Tag in viele Reden schaffen, die vorm Tor des größten Stahlwerks in Europa gehalten werden. Noch sind es anderthalb Stunden hin bis zum Start des Aktionstags der IG Metall, doch auf dem Willy-Brandt-Ring geht nichts mehr. Blechkolonnen aus ganz Deutschland verstopfen die Zufahrt zum Thyssen-Krupp-Werk, mit dessen Stahl wahrscheinlich nicht wenige dieser Busse und Autos gebaut worden sind.

Massenprotest der Stahlkocher in Duisburg

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    Dass Willy Brandt 1961 forderte, der Himmel über dem Ruhrgebiet müsse wieder blau werden und es just an diesem Tage ist, nutzen viele Redner als bildliche Steilvorlage, die Umweltfreundlichkeit des hiesigen Stahls im Vergleich zum chinesischen zu betonen. Ganz so einfach, mit einem Blick nach oben, lässt sich der Schadstoffausstoß zwar noch nicht messen, aber der Beifall der geschätzt 16 000 Demonstranten ist stets besonders laut, wenn gegen Dumpingstahl aus Fernost gewettert wird.

    Sie sehen ihre Arbeitsplätze in Gefahr und werden darin von der Bühne aus bestärkt. Die Chinesen würden ihren Stahl zu Preisen unter ihren eigenen Herstellungskosten in Europa verkaufen, und Brüssel schaue dabei einigermaßen tatenlos zu, schimpft IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Er betont, deutscher Stahl werde viel klimafreundlicher produziert als chinesischer. Knut Giesler, NRW-Chef der Gewerkschaft, ruft Richtung Brüssel: „Wollt Ihr schmutzigen Stahl aus China oder sauberen Stahl aus NRW?“ Das kommt an auf der Wiese. „Jawoll“ schreit einer, andere trillern, und auch jene, die es sich auf dem frisch gesäten Randgrün zwischen den Parkplätzen mit Kaltgetränken gemütlich gemacht haben, nicken zumindest.

    Deutschlandweite Stahlarbeiter-Demonstrationen

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      Ohne nachgezählt zu haben, ob es wirklich 16 000 sind – viele haben sich auf den Weg gemacht, nicht nur aus den Stahlbetrieben. Auch viele Zulieferer und weiterverarbeitende Betriebe haben ihren Mitarbeitern frei gegeben. Einige Chefs sind mitgekommen, Anzugträger reihen sich neben Arbeiter in ihren Kitteln.

      Ohne Stahl keine Windräder

      Jens (27) und Melanie (20) von den Deutschen Edelstahlwerken sind aus Witten angereist. Das Motto „Stahl ist Zukunft“ finden sie gut, aber ob das auch stimmt? Jens blickt optimistisch in die Zukunft, Melanie ist skeptisch, „ob ich in einem Stahlunternehmen in Rente gehe“. Tracy (20) aus Mettmann findet Klimaschutz wichtig, hält Stahl aber für ein vielseitiges Material, das dazu beitragen kann. Ohne Stahl keine Windräder, keine leichteren und deshalb sparsameren Autos. Holger Effertz, der im Duisburger Werk arbeitet, sagt es so: „Innovativer Stahl hat Zukunft. So lange wir fortschrittlicher und besser sind als die Chinesen, wird es uns geben. Wir haben schon so viele Krisen überstanden.“

      Auf der Bühne wie davor wird stets betont, man sei ja für mehr Klimaschutz und damit auch für den schärferen Emissionshandel, den die EU plant. Die will die Rechte zum Ausstoß des Klimagases CO2 verknappen, damit sie teurer werden. Hier folgt dann stets das Aber: die saubersten Stahlwerke dürfe das nicht gefährden. Sie müssten weiter ganz von Klimaabgaben befreit bleiben, fordert etwa NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und erntet lauten Beifall.

      Die Vorstellung, Brüsseler Pläne könnten deutsche Stahlwerke aus dem Markt drängen und damit noch mehr chinesische Billigimporte ins Land holen, bringt die Stahlarbeiter zum Kochen. Das wissen alle Redner und betonen deshalb, Klimaschutz müsse global geregelt werden. Das mit den „sauberen“ Stahlwerken ist in der energieintensiven Industrie freilich relativ. Laut IG Metall stoßen deutsche Werke je Tonne Stahl 1,5 Tonnen CO2 aus, chinesische 1,8 Tonnen – 20 Prozent mehr.

      An Versprechen, in Brüssel gegen alles anzukämpfen, was die deutschen Stahlwerke gefährde, mangelt es nicht. Für Schlussredner Sigmar Gabriel ist das eine Existenzfrage für die deutsche Industrie. Andere EU-Länder hätten zu Beginn des Jahrtausends „auf den Quatsch gehört“, die Industrie sei ein Wirtschaftszweig von gestern. Deutschland sei gut damit gefahren, dies nicht zu tun. Wer die bis dahin genannte Zahl von 380 000 Arbeitsplätzen, die nun direkt und indirekt bedroht seien, für ein Horror-Szenario gehalten hat, erhält von Gabriel noch eine Zugabe: Es gehe in Wahrheit um 3,5 Millionen Industrie-Jobs, sagt der SPD-Chef. Widerspruch erntet er hier und heute in Duisburg nicht.

      16.000 Stahlarbeiter bei Kundgebung

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