Brüssel. Oberbürgermeister und Landräte aus dem Revier machen Lobbyarbeit bei der EU. Sie sind in guter Gesellschaft: Oft klopfen Delegationen an.

„Einer hat gefragt, wie man es schafft, alle unter einen Hut zu bringen“, erzählt Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) aus Gelsenkirchen. Darauf sind sie stolz, beim Abschlussimbiss in der NRW-Vertretung im Brüsseler Europaviertel. Zwei stramm gefüllte Halbtage liegen hinter der Reisegesellschaft aus 15 Herren und einer Dame. Fünf Abteilungen der EU-Kommission haben sie aufgesucht, die Oberhäupter von elf Großstädten und vier Kreisen nebst der Chefin des Regionalverbands Ruhr (RVR). Mit fast zwei Dutzend Eurokraten sowie einer Handvoll EU-Parlamentariern haben sie gesprochen. Und immer als Team, als Region, als „Metropole Ruhr“. Die Größe der Stadt, die Farbe des Parteibuchs, das jeweilige Spezialinteresse – diesmal kein Thema, heißt es. Davon kann sich die Europäische Union eine Scheibe abschneiden.

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Seit zehn Jahren treffen sich die „Stadthäuptlinge“ aus dem Ruhrgebiet einmal im Monat zum Frühstück. Nicht im Rathaus, sondern „informell“ im Gasthaus oder Tennisclub. Es gibt Kaffee und eine Themenliste. Presse gibt es nicht. Das fördert das Gemeinschaftsgefühl. Seit Anfang des Jahres hat die Gruppe eine festere Struktur und firmiert nun als „Kommunalrat“. „Wie der Europäische Rat – nur ohne Damen“, meint Jens Geier, Ruhrpottler und SPD-Haushaltsexperte im Europa-Parlament. Spitze Bemerkungen ihrer EU-Gesprächspartner haben die Herren aber ins Leere laufen lassen: An der maskulinen Ausrichtung der OB-Runde sei der Wähler schuld.

Regionalpolitik auf EU-Ebene

Das politische Europa sorgt derzeit nicht gerade für Begeisterung, doch die deutsche Regionalpolitik macht sich in diesen Wochen in Brüssel emsig zu schaffen. Hannelore Kraft und ihr Kabinett haben hier getagt, die Brandenburger waren da. Und am vergangenen Dienstag erst haben die Niedersachsen zum alljährliches Grünkohlessen aufgetischt, ein populärer Fixpunkt der Wintersaison.

Bei den Kommunalen aus dem Revier ging es vergleichsweise nüchtern zu. Zum dritten Mal schon waren die Stadtoberhäupter in Brüssel. Diesmal lag der Akzent „mehr auf Leistung als auf Bedarf“, sagt Michael Schwarze-Rodrian, der als EU-Beauftragter des RVR die Reise organisiert hat. So haben sie den EU-Offiziellen präsentiert, welche grünen Projekte sie auf die Beine stellen: den Emscher Landschaftspark etwa, 304 Projekte der grünen Stadtentwicklung, die „Entwicklung industrieller Altstandorte“, das Radwegenetz Ruhr oder das Klimaschutzkonzept Innovation City.

Da sein, bevor es zu spät ist

Wie ist das angekommen? „Die Themen, die uns umtreiben, sind hier durchaus verankert“, erzählt Hamms OB Thomas Hunsteger-Petermann (CDU). „Aber dass wir eine Einheit sind, dass die Zusammenarbeit der Kommunen funktioniert – an der Botschaft muss man noch arbeiten.“ Da geht es auch um einen Rollenwechsel: Aus Belasteten und Beladenen sind Vorreiter geworden, deren Beispiel die EU-Verantwortlichen anderen Regionen in Europa ans Herz legen können. Diese Botschaft sei „PR im besten Sinne“, lobt der Parlamentarier Geier.

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Was natürlich nicht heißt, dass die Ruhr-Kommunen auf EU-Hilfe verzichten. Klar wolle man „deutlich machen, dass europäisches Geld bei uns gut angelegt ist“, sagt Baranowski. Das aber „mit dem Hintergedanken, dass wir für die Umgestaltung der Ruhr weiter Unterstützung aus Brüssel brauchen“. Dafür müssen die Weichen frühzeitig gestellt werden, nicht erst wenn alles festgezurrt ist und der Interessent nur noch einen Antrag stellen kann. „Wir müssen rechtzeitig da sein, wenn über weitere Förderprogramme nachgedacht wird“, sagt Baranowski. Mit weiteren Ausfahrten nach Brüssel ist zu rechnen.