Clausnitz/Berlin. Die Polizeigewerkschaft hält den rabiaten Einsatz bei der Flüchtlingsankunft in Clausnitz für gerechtfertigt. Tillich nennt die Vorfälle widerlich.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sorgt sich nach dem umstrittenen Einsatz vor einer Flüchtlingsunterkunft in Sachsen um das Ansehen der Polizei. „Die Videoaufnahmen über die Maßnahmen von einzelnen Polizisten sind höchst irritierend“, sagte Oppermann. „Die Innenminister von Bund und Land sind verantwortlich, solches Polizeiversagen zu unterbinden.“ Es sei Aufgabe der Polizei, Flüchtlinge vor „diesem widerlichen Mob“ zu schützen. „Der ganze Vorgang beschädigt auch das zu Recht gute Ansehen der Polizei.“

Polizeigewerkschaft hält Einsatz in Clausnitz für gerechtfertigt

In dem sächsischen Clausnitz hatten rund 100 Menschen am Donnerstagabend versucht, die Ankunft eines Busses mit den ersten Bewohnern einer neuen Asylbewerbereinrichtung zu verhindern. Dabei grölten sie „Wir sind das Volk“. Später zerrten Polizisten einzelne Flüchtlinge unter Zwang aus dem Bus. Die Polizei verteidigte ihr Vorgehen am Samstag als „absolut notwendig“ und „verhältnismäßig“ und gab Flüchtlingen eine Mitschuld an der Eskalation. Sie hätten aus dem Bus heraus gefilmt und mit Gesten wie dem Stinkefinger provoziert.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Youtube, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Seit dem Polizeieinsatz sorgen Videoclips im Internet für Empörung. Zu sehen sind verängstigte Flüchtlinge in dem Bus, ein Polizist zerrt einen Jungen rabiat aus dem Fahrzeug. Der Junge habe zuvor massiv die herumstehende Menge provoziert, sagte Wendt. „Er hat den rechten Demonstranten vor dem Fahrzeug mehrfach den Stinkefinger gezeigt und zudem mit seiner Hand am Hals das Kopf-ab-Zeichen gemacht.“ Zudem habe er sich geweigert, freiwillig auszusteigen. „Die Alternative wäre gewesen, den Bus zurückfahren zu lassen, und das wäre ein Sieg für die Rechten gewesen“, sagte der Polizeigewerkschafter.

Clausnitz 2Ministerpräsident Tillich nennt Ereignisse in Clausnitz „widerlich“

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat die jüngsten fremdenfeindlichen Übergriffe in seinem Bundesland mit drastischen Worten verurteilt. „Das sind keine Menschen, die sowas tun. Das sind Verbrecher. Widerlich und abscheulich ist das“, sagte der amtierende Bundesratspräsident dieser Redaktion. „Die Vorfälle von Clausnitz und die Ereignisse, die sich in der letzten Nacht in Bautzen um eine zukünftige Asylbewerberunterkunft abgespielt haben, sind erschreckend und schockierend zugleich.“ In Bautzen hatte aus bisher nicht geklärter Ursache in der Nacht zu Sonntag ein Gebäude gebrannt, in dem Flüchtlinge untergebracht werden sollten. Nach Angaben der Polizei hatten Schaulustige „unverhohlene Freude“ gezeigt und die Arbeiten der Feuerwehr massiv behindert.

Tillich sagte, die Vorfälle „besudeln das, was die Menschen an Mut in der friedlichen Revolution aufgebracht haben und den Fleiß beim Wiederaufbau Sachsens“. Der Regierungschef kündigte an, die Strafverfolgungsbehörden würden konsequent ermitteln und jeden Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.

100 Menschen demonstrieren für Solidarität mit Flüchtlingen

In Clausnitz versammelten sich am Samstagabend rund 100 Menschen zu einer Solidaritätskundgebung für Flüchtlinge. Auf Transparenten forderten sie eine sichere und menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten. Nach Angaben der Polizei verlief die Demonstration friedlich. (mit dpa)