Essen. Interview mit Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger. In vielen Bereichen gehöre der Konzern „noch nicht zu den Besten“, sagt der Vorstandschef.
Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger sieht trotz einiger Fortschritte noch erheblichen Verbesserungsbedarf in dem Essener Traditionskonzern mit seinen weltweit rund 155.000 Beschäftigten. „Von unserem eigenen Anspruch sind wir noch ein gutes Stück entfernt“, sagte Hiesinger im Interview mit unserer Redaktion. „Im Vergleich mit unseren Wettbewerbern gehören wir in vielen Bereichen noch nicht zu den Besten.“ Trotz der Anspannung der vergangenen Jahre sei eine Atempause nicht möglich. Der Konzern müsse sich auf konjunkturellen Gegenwind einstellen – zum Beispiel in wichtigen Auslandsmärkten wie China und Brasilien.
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Nach Jahren mit schweren Verlusten hatte Thyssen-Krupp vor wenigen Tagen zum zweiten Mal eine Bilanz mit schwarzen Zahlen vorgelegt. Der Jahresüberschuss von 268 Millionen Euro entspricht einer Steigerung um 37 Prozent. „Noch sind wir nicht am Ziel, aber wir sind einen großen Schritt vorangekommen“, urteilte Hiesinger.
Er stellte klar, dass er den Konzern zusammenhalten will. Einen Verkauf der lukrativen Geschäfte rund um Aufzüge, Anlagenbau oder Autozulieferer schloss er aus. „Wir können als integriertes Unternehmen mehr erreichen“, betonte Hiesinger. Dem Vernehmen nach sieht der Großaktionär Cevian, der mit 15 Prozent an Thyssen-Krupp beteiligt ist, diese Verbund-Strategie kritisch.
„Bisheriges Markensammelsurium schwächt uns im Wettbewerb“
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Für die Stahlsparte hält Hiesinger einen Zusammenschluss mit einem Konkurrenten für möglich. Angesichts der Probleme der gesamten Stahlindustrie werde es „irgendwann zu Zusammenschlüssen von Stahlherstellern in Europa kommen“, sagte Hiesinger. „Wenn sich Chancen bieten, müssen und werden wir uns daran beteiligen. Das wollen wir aus einer Position der Stärke tun.“ Die Stahlsparte steuert 30 Prozent des Umsatzes von Thyssen-Krupp bei, 70 Prozent entfallen auf das Technologie- und Industriegütergeschäft. In Deutschland beschäftigt Thyssen-Krupp im Stahlbereich mehr als 27 000 Mitarbeiter.
Hiesinger verteidigte die Entscheidung, dass mit dem neuen Markenauftritt von Thyssen-Krupp viele Traditionsnamen wegfallen oder zu Produktnamen degradiert werden – darunter Uhde, Hoesch Hohenlimburg, Rasselstein und Polysius. Dass es im Konzern 180 Marken gebe, sei „viel zu komplex und teuer“, sagte Hiesinger. „Unser bisheriges Markensammelsurium schwächt uns im Wettbewerb.“