Berlin. Ein EU-Gutachten rechnet die Folgen der Zuwanderung auf Wirtschaftswachstum und Etats aus. Aufregung gibt es um eine ganz andere Zahl.
Die EU hat für ihr Herbstgutachten eine Modellrechnung erstellt, die zu dem Ergebnis kommt: die Zuwanderung durch Flüchtlinge lässt die Staatsschulden leicht steigen, verstärkt aber auch das Wirtschaftswachstum. Schlagzeilen macht aber eine Zahl, die nur als Basis für die Berechnungen dient: „EU rechnet mit weiteren drei Millionen Flüchtlingen“, meldeten viele Medien am Donnerstag unter Berufung auf die Agentur AP.
Wie unserer Redaktion aus der Kommission bestätigt wurde, ist die Aussage im Herbstgutachten aber anders zu verstehen. In dem Gutachten (PDF) wird auf Seite 48 prognostiziert, dass durch Flüchtlinge und Migranten 2017 drei Millionen Menschen mehr in der EU leben werden als 2014. Ein Drittel der drei Millionen Flüchtlinge entfällt dabei auf dieses Jahr. Die Kommission erwartet durch Migration 2016 ein zusätzliches Bevölkerungswachstum von 1,5 Millionen Menschen und dann 2017 von einer halben Million.
Effekte durch zusätzliche Arbeitskraft
Diese Zahlen sind die Grundlage für Berechnungen, welche Effekte die Ausgaben für Flüchtlinge einerseits und ihre zusätzliche Arbeitskraft andererseits haben. Unter der Annahme, dass die Flüchtlinge schlecht ausgebildet sind, wird ein zusätzliches Wachstum des EU-Bruttoinlandsprodukts um 0,14 bis 0,17 Prozent jährlich bis 2020 erwartet. In Deutschland wird ein jährlicher Effekt zwischen 0,31 Prozent und 0,47 Prozent Plus errechnet. Insgesamt hätte die Migration über den Zeitraum damit in Deutschland einen zusätzlichen Effekt von rund 3,3 Prozent.
Das Gutachten kommt zum Schluss, dass die Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte sehr eingeschränkt sind. Für Deutschland wird erwartet, dass die Ausgaben den Anstieg der Staatsverschuldung von 2016 bis 2020 zwischen 0,16 Prozent und 1,16 Prozent jährlich verstärken – ein Effekt von rund drei Prozent über den Zeitraum. Diese Werte sehen naturgemäß besser aus in einem Szenario, bei dem die Migranten so gut ausgebildet sind wie die einheimische Bevölkerung.
EU-Schätzung eher konservativ
Bei der Untersuchung wird nicht die Zahl der ankommenden Flüchtlinge als Größe genommen, sondern der Menschen, die dann auch tatsächlich bleiben. Die Annahme ist, dass rund die Hälfte der ankommenden Asylbewerber anerkannt wird und davon drei Viertel im arbeitsfähigen Alter sind. Die Daten der Brüsseler Behörde beruhen dabei auf den aktuellen Daten aus den Mitgliedsstaaten. Da die Bundesregierung allein für das aktuelle Jahr von mindestens einer Million Flüchtlingen ausgeht, wirkt die Schätzung der EU eher konservativ.