Düsseldorf/Büren. In Büren steht die einzige Abschiebehaftanstalt des Landes. Dort könnte es bald eng werden. Die Bundesregierung dringt auf schnelle Rückführungen.

Der Druck wächst: Die Bundesregierung will nach der Verschärfung der Asylgesetze noch in diesem Jahr 100.000 abgelehnte Asylbewerber abschieben. Bis Mitte Oktober hat Nordrhein-Westfalen 3000 Flüchtlinge „rückgeführt“. Nicht alle gehen freiwillig: Wer sich der Abschiebung entzieht, kommt in die einzige NRW-Abschiebehaftanstalt in Büren. Dort könnte es bald eng werden.

Ab sofort schiebt NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) an Rhein und Ruhr mehr Asylbewerber unangekündigt ab. Zwar gehen 80 bis 90 Prozent der abgelehnten Asylbewerber freiwillig zurück in die Herkunftsländer, rund 500 mussten aber 2015 in NRW-Abschiebehaft. „Ich rechne mit deutlich ansteigenden Zahlen“, sagte der CDU-Rechtsexperte Peter Biesenbach dieser Zeitung. CDU- und FDP-Opposition beklagen bisher „Vollzugsdefizite bei der Rückführung“. Im Oktober waren 53.000 Flüchtlinge in NRW ausreisepflichtig – davon 11.400 ohne akuten Hinderungsgrund.

Landtag NRW berät über neue Regeln zur Abschiebehaft

Derzeit berät der Landtag einen Gesetzentwurf über neue Regeln der Abschiebehaft. Nachdem der EU-Gerichtshof und der Bundesgerichtshof 2014 untersagt hatten, dass Abschiebehäftlinge gemeinsam mit Strafgefangenen untergebracht werden, muss NRW bis Jahresende ein neues Gesetz zur Abschiebehaft verabschieden. Im Mai 2015 hat Büren mit knapp 60 Plätzen begonnen, im Endausbau sollen es 100 Plätze sein.

Nach Angaben der Abschiebeeinrichtung bleibt ein Ausreisepflichtiger im Schnitt 21,5 Tage in Büren. Derzeit sind 47 Plätze belegt. Da Abschiebehaft die „ultima ratio“ bleibe und freiwillige Ausreisen und Rückführungen die Regel seien, sei zur Zeit nicht absehbar, dass man an „Belastungsgrenzen“ stoße, heißt es in Büren.

Laut Gesetzentwurf soll das Leben in einem humanen Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden. Die Abschiebehäftlinge dürfen sich tagsüber frei in der Einrichtung bewegen, eigene Handys nutzen, Besuch empfangen und haben Einzelunterbringung. Der Deutsche Anwaltsverein nennt die Abschiebehaft ein „normales Leben minus Freiheit“. Sie dürfe aber immer nur das letzte Mittel sein.

Flüchtlingsrat kritisiert hohe Mauern um Abschiebehaft in Büren

Die Abschiebehäftlinge in Büren erhalten mindestens 107 Euro Taschengeld im Monat – wer abgeschoben wird, bekommt von den Ausländerbehörden meist eine Rückkehrhilfe von rund 200 Euro pro Kopf ausgezahlt. In Büren sind 30 Personalkräfte und weitere 30 Sicherheitsleute im Einsatz. Der CDU-Abgeordnete und Bürener Beirat, Werner Lohn, setzt auf humane Bedingungen. Lohn will aber gleichzeitig dafür sorgen, dass „dringend notwendige Abschiebungen zügig und in ausreichender Zahl durchgeführt werden“.

In einer Stellungnahme für eine Anhörung in dieser Woche im Landtag kritisiert der Flüchtlingsrat NRW die sechs Meter hohen Mauern der ehemaligen Haftanstalt Büren. Der Anwaltsverein äußert aber Verständnis für die Schutzeinrichtung, um Flüchtlinge daran zu hindern, „sich der bevorstehenden Abschiebung durch Untertauchen zu entziehen“. Nach Angaben des Vereins „Hilfe für Menschen in Abschiebehaft“ führt NRW inzwischen weit über die Hälfte aller Abschiebungen in Deutschland durch.

Die Jahreszeit spielt keine Rolle

Auch im Innenministerium erwarten Experten, dass mit dem Anstieg der Rückführungen auch die Zahl der Abschiebehäftlinge steigen wird. „Es wird auch im Winter abgeschoben. Es gibt keinen Wintererlass“, ließ Jäger mitteilen. Von den bisher 201.000 Asylbewerbern in NRW stammten rund 20 Prozent vom Balkan. Hier liegt die Anerkennungsquote bei gerade 0,2 Prozent.

Mit der Umsetzung des „Aktionsplans Westbalkan“ stehen seit Ende September 1200 Plätze in vier NRW-Aufnahmeeinrichtungen zur schnellen Bearbeitung der Asylanträge bereit.

CDU-Experte Biesenbach bezweifelt, dass die Abschiebehaft Büren auf die bald steigenden Zahlen der Abschiebehäftlinge ausreichend vorbereitet ist. Auch der Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition gehe offenbar von zu geringen Zahlen aus, warnt Biesenbach. So halte NRW anders als andere Länder an der Einzelunterbringung als Regelunterbringung fest. „Wie soll das gehen?“ Auch verzichte NRW auf Videoüberwachung in Büren, äußert Biesenbach erhebliche Sicherheitsbedenken.