Washington. Hillary Clinton wird aufatmen: Joe Biden macht ihr keine parteiinterne Konkurrenz beim Anlauf aufs Präsidentenamt. Aber er schickt ihr eine Warnung.
Das Spekulieren hat ein Ende. Er tut‘s wirklich - nicht. Amerikas Vizepräsident Joe Biden hat am Mittwoch die wochenlangen Spekulationen um einen verspäteten Einstieg in das Rennen der Demokraten um das Ticket für die Nr. 1. beendet. Der 72-Jährige sagte, die Zeit reiche nicht mehr aus, um bis zu den Anfang 2016 beginnenden Vorwahlen einen schlagkräftigen und erfolgreichen Wahlkampf-Apparat aufzubauen.
Bei seiner kurzfristig anberaumten Rede im Rosengarten des Weißen Hauses macht Biden an der Seite des amtierenden Präsidenten Obama dennoch deutlich, dass er sich weiter mit Nachdruck einmischen und alles tun werde, um das politische Erbe des ersten Schwarzen im Weißen Haus nicht zu beschädigen. Unverhohlene Kritik übte Biden in seiner leidenschaftlichen Rede, die auch im Falle einer Kandidatur getragen hätte, an der demokratischen Favoritin Hillary Clinton. Die Ex-First Lady hatte sich bei einer Fernseh-Debatte kürzlich gerühmt, die Republikaner seien ihre „Feinde“. „Das sind unsere politischen Gegner“, sagte der traditionell um Ausgleich bemühte Biden, „nicht unsere Feinde.“
Biden gilt als vertrauenswürdig und bürgernah
Bidens Absage war bis zur letzten Minute offen geblieben. Mit seinem dritten Anlauf nach 1988 und 2008 für das erste Amt im Staat hätte sich die Dynamik in dem bisher allein von Hillary Clinton und ihrem sozialistischen Konkurrenten Bernie Sanders bestimmte Bewerberfeld verändert. Biden genießt zwei Vorteile: Seine Beliebtheitswerte sind höher als bei allen anderen Kandidaten. Und - anders als Clinton, die gerade mit ihrer E-Mail-Affäre zu kämpfen hat - gilt er als vertrauenswürdig und bürgernah.
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Erste Spekulationen über seine Kandidatur hatte es im Sommer gegeben. Damals schrieb die New York Times, dass Bidens Sohn Beau, im Mai im Alter von 46 Jahren an Krebs gestorben, seinen Vater auf dem Sterbebett angefleht haben soll, Amerika nicht wieder „den Clintons“ zu überlassen. Biden, davon gehen Beobachter weiter aus, würde den Top-Job liebend gerne machen. Er hält sich für geeignet(er), das Werk Obamas fortzusetzen. Biden weiß zudem um seine Menschenfischer-Qualitäten. Er spricht einfache Arbeiter ebenso an wie Professoren und Manager.
Kritiker hielten Biden entgegen, er sei zu alt, komme zu spät und könne niemals das nötige Geld auftreiben, um ab Januar den teuren Fernsehwahlkampf zu bestehen. Auch trüge seine Hoffnung, den satten 25 %-Punkte-Vorsprung von Clinton in Umfragen wettmachen zu können. Womit denn?, fragt das Magazin „Daily Beast“, und stellte heraus, dass sich Biden auf den allermeisten Politikfeldern nur in Nuancen von Hillary Clinton unterscheidet.