Berlin. CDU-Mitglied Jens Spahn fordert Flüchtlinge vom Mindestlohn auszunehmen. SPD und Grüne sehen darin die Gefahr eines separaten Arbeitsmarktes.

Soll der Mindestlohn auch für Flüchtlinge gelten – oder muss es Ausnahmen geben, damit Flüchtlinge in Deutschland überhaupt Chancen auf einen Job bekommen? Die Union streitet darüber: Nachdem prominente CDU-Politiker eine Lockerung des Mindestlohns ins Gespräch gebracht hatten, verteidigte der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels am Dienstag die Regelung: „Ich kann davor nur warnen: Es darf keinen Sonderarbeitsmarkt für Flüchtlinge geben. Der Mindestlohn muss auch für Flüchtlinge gelten“, sagte Karl-Josef Laumann dieser Zeitung. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hält die Debatte für brandgefährlich: Damit würden Flüchtlinge zu „Lohndrückern gegen die Deutschen“ gemacht.

CDU-Mitglied Jens Spahn fordert Sonderlösung für Flüchtlinge

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn hatte mit Blick auf die oftmals gering qualifizierten Flüchtlinge vor einem hohen Druck vor allem auf den Dienstleistungssektor gewarnt: Manche Regelung werde auf den Prüfstand kommen, „möglicherweise auch der Mindestlohn“. Auch der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, forderte Ausnahmeregelungen vom Mindestlohn. Es seien dringend Flexibilisierungen und Sonderlösungen nötig, damit auch weniger qualifizierte Menschen eine Chance bek ämen.

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Von Alexander Kohnen und Miguel Sanches

Laumann wies den Vorstoß zurück: „Die Debatte ist überflüssig wie ein Kropf.“ Diejenigen, die schon lange in Deutschland lebten und nicht so qualifiziert seien, dürften nicht in Konkurrenz zu Flüchtlingen gestellt werden, die billiger arbeiten. „Es kann nicht sein, dass wir über die Flüchtlinge den Druck auf die schlecht qualifizierten Arbeitnehmer in Deutschland erhöhen, und sie am Ende aus dem Arbeitsmarkt fliegen.“ Der Chef des CDU-Sozialflügels warnt: „Das führt zu einer gefährlichen gesellschaftspolitischen Debatte.“

Warnung vor Sonderarbeitsmarkt für Flüchtlinge

Mit Blick auf die Diskussion in der eigenen Partei sagte Laumann: „Es gibt in der Union immer wieder Leute, die den Mindestlohn in Frage stellen wollen und denen jedes Argument Recht ist. Ich glaube aber nicht, dass das die Mehrheitsmeinung der CDU ist.“ Der Arbeitnehmerflügel sei sich mit den Mittelständlern in der Partei einig: „Wir dürfen den Mindestlohn nicht für die Flüchtlinge aufweichen.“

Der Vorsitzende der Unions-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, Carsten Linnemann, hatte ebenfalls davor gewarnt, einen Sonderarbeitsmarkt für Flüchtlinge zu schaffen. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeld nannte den Vorstoß dagegen „interessant“ - wenn so die Integration erleichtert werde.

Grüne gegen Lockerung des Mindestlohns

Die Grünen lehnen eine Lockerung beim Mindestlohn ab: „Löhne unterhalb der Mindestlohngrenze für Flüchtlinge führen nicht zu einer besseren Arbeitsmarktintegration dieser Gruppe, sondern sind der Nährboden für Ressentiments“, so Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer. Ihre Sorge: Flüchtlinge würden dem Vorwurf ausgesetzt, mit Dumpinglöhnen die Arbeitsmarktchancen einheimischer Bewerber zu schmälern. „Das ist reines Gift für das gesellschaftliche Klima.“

SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte am Dienstag die Union davor, mit Forderungen nach Mindestlohn-Ausnahmen für Flüchtlinge gesellschaftliche Spannungen auszulösen. „Das wäre sozialer Sprengstoff.“ Wer solche Vorschläge mache, spiele die Armen aus Deutschland gegen die Armen aus Syrien aus, kritisierte Gabriel.

Das Münchner ifo Institut hatte vor kurzem gefordert, den Mindestlohn abzusenken, um Flüchtlinge schneller in Arbeit zu bringen: „Es steht zu befürchten, dass viele von ihnen bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro keine Beschäftigung finden, weil ihre Produktivität schlicht zu gering ist“, so die Wirtschaftsforscher.