Gelnhausen. Neonazis drohen Erich Pipa, SPD-Landrat des Main-Kinzig-Kreises, wegen seines Einsatzes für Flüchtlinge mit dem Tod: Am Sonntag werde er sterben.
Der hessische Landrat Erich Pipa von der SPD sieht sich wegen seines Engagements für Flüchtlinge Morddrohungen ausgesetzt. Sie gehen von Rechtsextremisten der "Initiative Heimatschutz Kinzigtal" aus, wie der Verwaltungschef des Main-Kinzig-Kreises bei einer Pressekonferenz sagte. Am Freitag machte Pipa den Vorgang in Gelnhausen öffentlich. "Nichts tun, würde Schweigen bedeuten. Ich werde mich nicht einschüchtern lassen", sagte der 67-Jährige kämpferisch.
In einem der Schreiben, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen, wird Pipa gedroht, dass ihn jemand aus dem Weg räumen könnte. In dem Neun-Zeiler wird mit diesem Sonntag, 13. September, auch gleich ein konkreter Tag genannt, an dem die Gelegenheit günstig sei. An dem Tag will der Landrat die Freizeit- und Breitensportveranstaltung "Kinzig total" eröffnen und an weiteren Veranstaltungen im Kreis teilnehmen.
Landrat will sich nicht einschüchtern lassen
Flüchtlinge in DeutschlandPipa kündigte an, trotz der Drohungen sein Programm zu absolvieren. "Ich werde mein Verhalten nicht ändern und weiter unters Volk gehen. Diese Schreier und anonymen Schmierer dürfen nicht die Oberhand bekommen", sagte er. "Das sind Verbal-Radikale." Die "Initiative Heimatschutz Kinzigtal" sei mit den Drohbriefen erstmals in Erscheinung getreten, erklärten Polizei und Landratsamt.
Die Polizei in Offenbach hat Ermittlungen aufgenommen, bei der Staatsanwaltschaft Hanau wurde ein Verfahren eingeleitet. Zum Stand der Dinge machte Polizeisprecher Christoph Bosecker keine detaillierten Angaben. Er versicherte aber: "Wir werden die Sicherheit des Landrates gewährleisten." Die Beamten würden die polizeilichen Maßnahmen den Gegebenheiten anpassen.
"Kanaken-Landrat, verpiss dich!"
Pipa erhielt zwei Drohbriefe per Post, einen datiert auf den 21. Juli, den anderen auf den 8. September. Im ersten Brief wird er beschimpft mit den Worten: "Kanaken-Landrat verpiss dich!!!" Im zweiten Brief heißt es: "Du hast dich nicht gebessert, Du stinkende Ratte. Wir hatten dich gewarnt. Das Netz zieht sich enger um dich. Wir kennen deine Termine." Bei "Kinzigtal total" könne man "jederzeit Jemanden in der Besucherschar platzieren, der Dich aus dem Weg räumt".
Politiker, die sich für Flüchtlinge engagieren, sind in Deutschland schon häufiger bedroht worden. Im sächsischen Freital wurde im geparkten Auto des Linken-Kommunalpolitikers Michael Richter mit einem verbotenen Böller eine Explosion ausgelöst. Der Wagen wurde stark beschädigt, Scheiben zersplitterten, verletzt wurde niemand.
Formulierungen als Morddrohung gewertet
Mit einer Tötung drohen die Absender im Fall Pipas zwar nicht wortwörtlich. Das Landratsamt wertete die Formulierungen aber als "offensichtliche Morddrohung". Die Absender nahmen Bezug auf eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Schlüchtern. Dort hatte Pipa im Juli angekündigt, mehr Flüchtlinge aufzunehmen und laut einem Zeitungsbericht gesagt: "Das Boot ist nicht voll".
Bislang sind 2900 Flüchtlinge im Kreis untergebracht. Bis Jahresende rechnet der Kreis mit rund 5000 Menschen. Im Kreis gibt es nach Pipas Angaben einige "rechte Nester". Flüchtlinge seien aber in jüngster Zeit nicht bedroht oder attackiert worden.
Pipa ist seit zehn Jahren Landrat. Er hat eine Frau und zwei erwachsene Kinder (17 und 20 Jahre alt). Er ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und seine Meinung offen auszusprechen. (dpa)
Deutschland heißt Flüchtlinge willkommen