Berlin. „Dem Gesundheitsdienst fehlen Ressourcen für Krisenzeiten“, klagt Ärzte-Präsident Frank Ulrich Montgomery. Das sei gefährlich für Flüchtlinge.
Flüchtlinge ohne Impfschutz, überforderte Gesundheitsämter und Asylbewerber, die monatelang auf Tuberkulose-Tests warten müssen: „In den Auffangeinrichtungen herrscht im Moment bei der medizinischen Versorgung völliges Durcheinander“, beklagt Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Der öffentliche Gesundheitsdienst habe nicht genug Ressourcen für Krisenzeiten.
Der Präsident der Bundesärztekammer fordert eine Impfpflicht für alle, mehr Amtsärzte und medizinische Eingreif-Teams für die Unterkünfte. „Jeder Flüchtling sollte innerhalb von drei Tagen einen Arzt sehen“, sagte Montgomery dieser Zeitung.
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Grundsätzlich sei das deutsche Gesundheitssystem in der Lage, auch die erwarteten 800 000 Flüchtlinge zu versorgen. Nötig seien aber deutlich mehr Ärzte in den Gesundheitsämtern und flexible Eingreif-Teams. „Das können niedergelassene Ärzte sein, Krankenhausärzte, aber auch Ärzte im Ruhestand.“
Masernepidemien sind gefährlich
Um Krankheitswellen zu verhindern, sollten alle Flüchtlinge geimpft werden – doch dazu fehle im Moment das Personal: „Wir brauchen deshalb eine bessere Impfstrategie.“ Um bestimmte, gefährliche Krankheiten wie die Masern zu bekämpfen, sei eine bundesweite Impfpflicht für alle nötig.
Kritik übte der Ärztepräsident an den gesetzlichen Regelungen für die medizinische Versorgung von Flüchtlingen: Kranke Flüchtlinge bekommen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nur eine Akutversorgung. „Das ist für einen Arzt ethisch nicht hinnehmbar“, sagte Montgomery. „Jeder Flüchtling, der in Deutschland registriert ist, muss eine ganz normale Versichertenkarte bekommen.“
Gauck und Merkel suchen Flüchtlinge auf
Eine Debatte hat Andreas Bausewein, Erfurter Bürgermeister und SPD-Chef in Thüringen, ausgelöst. In einem offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat er gefordert, die Schulpflicht für Flüchtlingskinder auszusetzen, bis deren Aufenthaltsstatus geklärt sei.
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Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck besuchten am Mittwoch Flüchtlingseinrichtungen. „Es gibt keine Toleranz gegenüber denen, die die Würde anderer Menschen infrage stellen“, sagte Merkel in Heidenau, wo Rechtsextreme in den letzten Tagen Asylbewerber bedroht hatten. Demonstranten störten Merkels Besuch durch ein Hupkonzert.