Berlin. Wieder muss der Bundestag seine Sommerpause wegen Griechenland unterbrechen. Bei Probeabstimmung haben 56 Unionsabgeordnete ein Hilfspaket abgelehnt.

Der Bundestag stimmt an diesem Mittwoch in einer Sondersitzung über die neuen Milliardenhilfen für Griechenland ab. Es gilt zwar als sicher, dass die Mehrheit den Weg für die Auszahlung von bis zu 86 Milliarden Euro aus dem dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM freimachen wird. In der Unionsfraktion von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt es aber erheblichen Widerstand, wie sich in einer Sondersitzung am Dienstagabend zeigte: 56 Abgeordnete votierten in einer Probeabstimmung mit Nein, weitere 4 enthielten sich.

Damit bleibt die Zahl der Widersacher in etwa so hoch wie vor einem Monat, als es bei der Griechenland-Abstimmung in der Union 60 Nein-Stimmen gegeben hatte. Sollte es dieses Mal noch mehr Abweichler geben, wäre dies für Merkel und Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) ein ernstes Problem. Etwa 20 Unions-Abgeordnete dürften bei der Probeabstimmung am Dienstagabend laut Teilnehmern gefehlt haben. Die Unionsfraktion hat im Parlament 311 der 631 Sitze.

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Die grundsätzliche Einigung Griechenlands mit seinen Gläubigern stößt bei der Ratingagentur Fitch auf Erleichterung. Das US-Institut stufte am Dienstag die Einschätzung der Kreditwürdigkeit des schwer angeschlagenen Euro-Landes um eine Stufe auf "CCC" hoch. Damit befinden sich die Staatsanleihen Athens aber immer noch tief im von vielen Investoren gemiedenen "Ramsch"-Bereich.

Merkel rechtfertigt harten Kurs

Merkel sagte Teilnehmern zufolge in der Fraktion, die griechische Syriza-Regierung sei angetreten, um wesentliche Prinzipien der Euro-Rettungspolitik zu konterkarieren. Deshalb sei es richtig gewesen, hart zu bleiben und "die Dinge kontrovers zu behandeln". Im dritten Programm seien engmaschige Kontrollen installiert.

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Von Christian Kerl und Alexander Kohnen

SPD und Grüne werden voraussichtlich mit großer Mehrheit das dritte Hilfspaket mittragen. Bei der Linken wollen viele aus Protest gegen die Krisenpolitik der Bundesregierung Nein sagen - obwohl die Linke sich an der Seite der Athener Syriza-Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras sieht.

"Umfassende Reformen auf Herbst vertagt"

Noch am Mittwoch wollen dann die Euro-Finanzminister die erste Rate von 26 Milliarden Euro freigeben. Athen muss bis zum Donnerstag knapp 3,4 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen.

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Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner warnte vor unkalkulierbaren Risiken durch die neuen Hilfen. "Mit dem dritten Hilfspaket bahnen Union und SPD den Weg in die Transferunion", sagte er. "Statt umfassende Reformvorleistungen Griechenlands einzufordern, wurden diese auf den Herbst vertagt."

DGB vermisst Wachstumsimpulse

Es sei offen, ob sich Ministerpräsident Tsipras im Herbst noch an seine Zusagen erinnern werde. Ebenso offen sei die vor allem auch von Deutschland erhoffte Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF). "Am Ende könnten Neuwahlen und chaotische Zustände in Griechenland stehen", sagte Lindner.

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Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, begrüßte das Hilfspaket grundsätzlich: "Damit ist ein Grexit vom Tisch", sagte er unserer Redaktion. Auch die verhandelten Erleichterungen beim Schuldendienst seien hilfreich. "Allerdings vermisse ich jeglichen Wachstumsimpuls, der die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen und Griechenland aus der humanitären Katastrophe helfen würde", sagte Hoffmann.

Der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), empfahl den Bundestagsabgeordneten im "Münchner Merkur", mit Nein zu stimmen, "weil ich glaube, dass die Nachteile des Programms die Vorteile überwiegen". Größtes Problem seien die Reformen, die diametral dem Regierungsprogramm der Syriza-Partei von Tsipras widersprächen. "Das kann nicht gutgehen." (dpa)