Essen. . Kommunen müssen oft Hunderte Asylsuchende unterbringen. Eine Situation, die viele Städte überfordert. Auch Ehrenamtliche stoßen an Grenzen.

Der Städte- und Gemeindebund hat bei der Unterbringung von Flüchtlingen vor einem „Kollaps“ der Kommunen in NRW gewarnt. Sie seien damit überfordert, innerhalb weniger Stunden Hunderte Asylsuchende unterbringen zu müssen. „Das Land hat viel zu spät auf den wachsenden Zustrom der Flüchtlinge reagiert und nicht genügend Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen geschaffen“, sagte Hauptgeschäftsführer Schneider. Das Land dürfe die Aufgabe nicht auf die Kommunen abwälzen, sondern müsse selbst Provisorien einrichten.

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Die Bezirksregierung Arnsberg erwartete für diese Woche 5900 Flüchtlinge und damit eine weitere Steigerung von 600. „Wir bewegen uns in der letzten Zeit in Dimensionen, die man vorher bei weitem nicht gekannt hat“, sagte Behördensprecher Söbbeler. Die Kommunen müssten weiter damit rechnen, innerhalb von Stunden Plätze für Flüchtlinge zur Verfügung stellen zu müssen. NRW-Innenminister Jäger (SPD) forderte den Bund auf, noch mehr Bundeswehrkasernen für die Unterbringung zur Verfügung zu stellen.

Ehrenamtliche stoßen an Grenzen

Wegen der anhaltend steigenden Zahl von Flüchtlingen stößt auch die ehrenamtliche Hilfe an Grenzen. „In ganz Westfalen-Lippe sind ehrenamtliche DRK-Helfer im Einsatz, um Nothilfe zu leisten“, sagte der Siegen-Wittgensteiner Kreisrotkreuzleiter Steinbrück. „Viele Arbeitgeber sagen mittlerweile, dass sie ihre Angestellten wieder verlässlich an ihrem Arbeitsplatz benötigen. Und das mit Recht.“ In der Urlaubszeit sei es für Unternehmen besonders schmerzhaft, Personal freizustellen. Es werde daher immer schwieriger kurzfristig ehrenamtliche Mitarbeiter zu finden.

Der DRK-Landesverband Nordrhein rechnet damit, dass seine Helfer in drei bis vier Wochen an ihre Grenzen stoßen. „Dauerhaft kann es mit diesem Personal und dem vorhandenen Material nicht weitergehen“, sagt Reginald Berndt, Leiter des Einsatzstabes. Häufig habe das DRK nur ein bis zwei Tage Zeit, um sich mit den Städten und anderen Hilfsorganisationen zum Krisenstab zu treffen. Der Druck sei inzwischen groß. „Der permanente Zustrom macht es uns immer schwerer“, sagt Berndt. Berndt glaubt, dass man die ehrenamtliche Arbeit langfristig in ein Hauptamt überführen müsse, weil sie mit dem Beruf nicht länger zu vereinbaren sei.

Viele der landesweit mittlerweile rund 40 Notunterkünfte wurden von ehrenamtlichen Helfern mit aufgebaut.

Mehr Übergriffe auf Flüchtlingsheime in NRW 

Die Zahl rechtsextremistischer Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in Nordrhein-Westfalen ist im ersten Halbjahr 2015 gestiegen. Es gab nach Angaben des NRW-Innenministeriums in der ersten Jahreshälfte 30 rechtsextremistisch motivierte Taten, ohne dass Menschen verletzt wurden. Die Palette reichte demnach von Farbschmierereien über Bedrohung bis Volksverhetzung. Für das ganze Jahr 2014 lag die Zahl demnach bei "unter 30".

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) bezeichnete die Übergriffe als ernst und beschämend. "Flüchtlinge, die alles verloren haben und hier bei uns Schutz suchen, dürfen nicht mit Nazi-Methoden verängstigt werden", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Es sei eine gemeinsame Aufgabe, dass sich die Menschen sicher fühlten. (jb/bor/dpa)