Köln. Lebensmittel-Aktivisten demonstrieren mit Brötchen gegen den Rewe-Konzern. Sie kritisieren, dass die Regale kurz vor Ladenschluss noch voll sind.
Hunderte Backwaren liegen vor der Rewe-Zentrale in Köln. Doch hier startet keine neue Werbekampagne für den Supermarkt. In Gegenteil: Rewe steht in der Kritik, weil der Konzern angeblich viele Lebensmittel zu früh wegwirft. Die Backwaren vor dem Eingang stehen symbolisch für die Verschwendung und sind Teil einer Demonstration des Aktionsbündnisses "Leere Tonne".
Verträge sollen für volle Regale sorgen
"Es kann nicht sein, dass eine 120-prozentige Überproduktion in den Backshops stattfindet, nur damit dem Kunden auch kurz vor Landenschluss noch volle Regale präsentiert werden", sagt Jutta Sundermann von der Aktion Agrar, die genauso wie foodsharing.de und weitere kleine Bündnisse Teil der Initiative sind. Diese Backshops finden sich häufig im Eingangsbereich der Supermärkte und werden von externen Ketten betrieben.
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Neben anderen Supermärkten wie Lidl, Edeka und Aldi steht vor allem Rewe in der Kritik. Die Aktivisten werfen dem Konzern vor, Verträge mit den Backshops abzuschließen, um volle Regale bis kurz vor Ladenschluss zu gewährleisten. Diese Verträge, in denen angeblich auch Kontrollen angedroht werden, liegen "Leere Tonne" nach eigenen Informationen vor.
Rewe-Sprecher Martin Brüning dagegen betont: „Es gibt keine Verträge, in denen wir die Vorkassenbäcker zwingen, eine bestimmte Zahl von Artikeln oder ein bestimmtes Sortiment in den Abendstunden zu führen.“ Ziel sei es, "die gängigen Sorten in einer angemessenen Menge" sowohl im Rewe-Sortiment als auch bei den Backshops externer Anbieter.
"Wegwerfwaren reichen, um ganz Niedersachen zu ernähren"
Auch eine Überproduktion der Waren findet nach Rewe-Angaben nicht statt: "Mittlerweile verkaufen die Rewe-Supermärkte und Penny-Discountfilialen im Jahresdurchschnitt bis zu 99 Prozent ihrer Lebensmittel." Waren, die noch bedenkenlos gegessen werden können, gehen an die lokalen Tafeln, so Brüning. "Nicht an die Tafeln abgegeben werden Lebensmittel, die verdorben sind, die ein abgelaufenes Verbrauchsdatum haben (z.B. Frischfleisch oder -fisch) oder aber – wegen der Kühlpflicht – nicht von den Tafeln angenommen werden. Diese Lebensmittel müssen entsprechend der gesetzlichen und hygienischen Vorgaben sachgerecht entsorgt werden."
Dass allerdings nicht alle essbaren Waren an die Tafeln gespendet werden, davon ist das Aktionsbündnis "Leere Tonne" überzeugt. Die Aktivisten präsentieren Zahlen des deutschen Mühlenverbandes, wonach 500.000 Tonnen Backwaren jährlich in Deutschland auf dem Müll landen. " Das ist der Jahresverbrauch von ganz Niedersachsen. Davon können sechs Millionen Menschen ernährt werden", gibt Jutta Sundermann zu bedenken.
Ab 400 Quadratmetern Ladenfläche soll gespendet werden
Deshalb fordert die Initiative nun die Politik auf, strengere Regeln für Supermärkte aufzustellen. "Wir wollen ein Gesetz, wie es seit Mai dieses Jahres in Frankreich gilt." Konkret geht es dabei um unverkaufte Ware, die als Tiernahrung oder Kompost für die Landwirtschaft genutzt werden kann. Supermärkte mit einer Fläche von mehr als 400 Quadratmetern werden verpflichtet, ein Abkommen mit einer karitativen Organisation für Lebensmittelspenden zu schließen. Das Bündnis "Leere Tonne" hat bereits einen offenen Brief an die Politik geschrieben und eine Petition gestartet.
Die Backwaren vor der Rewe-Zentrale wurden nach der Demonstration wieder eingesammelt und kostenlos in der Kölner Innenstadt verteilt. Es seien Restbestände großer Bäckereiketten, die zwar vom Vortag, aber noch genießbar gewesen seien. "Viele große Backkonzerne haben gerne das Restbrot an uns abgegeben", erzählt Jutta Sundermann vom Aktionsbündnis. Es könne also funktionieren. "Letztendlich hätten wir drei große Lieferungen an Restbeständen haben können. Das zeigt, dass unnötig viele Lebensmittel produziert werden. Das muss sich ändern."