Essen. Wegen eines Streits um Konditionen beliefern mehrere Lebensmittel-Hersteller die Supermarktkette Real nicht. Erste Lücken im Angebot werden sichtbar.

  • Markenhersteller wie Dr. Oetker und Nestlé haben die Belieferung eingestellt
  • Müller Milch räumt Lieferunterbrechungen ein
  • Streit um Lieferkonditionen

Dort, wo normalerweise die Milch von Müller und der Kartoffelsalat von Homann zu finden sind, herrscht bei Real momentan die große Leere. Was bleibt, ist ein Schild, auf dem eine Entschuldigung der SB-Warenhauskette und die Begründung steht. Hier heißt es: „Aufgrund der aktuellen Preisverhandlungen hat sich der Lieferant Homann entschieden, die Lieferung bis auf Weiteres einzustellen.“ Wie lange hier Ebbe herrscht? „Bis eine Einigung erzielt wurde“, sagt eine Verkäuferin in einer Essener Filiale.

Aktuell stocken die Verhandlungen zwischen der Metro-Tochter Real und zehn Markenherstellern. Darunter sind prominente Namen wie Dr. Oetker, Nestle oder Müller Milch. „Zu Spekulationen äußern wir uns nicht. Wir können aber bestätigen, dass weiterhin verhandelt wird“, sagt Julia Ebbeler, Sprecherin von Dr. Oetker. Und auch Real möchte zu den laufenden Verhandlungen nur bedingt Stellung nehmen. „Wir bedauern dieses Vorgehen sehr und setzen im Sinne unserer Kunden alles daran, schnellstmöglich wieder das komplette Sortiment anbieten zu können. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns darüber hinaus zu laufenden Verhandlungen nicht äußern“, heißt es aus dem Unternehmen.

„Wir haben seit Donnerstag keine Ware mehr bekommen"

Probleme könnten vor allem bei der Tiefkühlpizza auftreten. „Wir haben seit Donnerstag keine Ware mehr bekommen und die Ristorante-Pizza ist in der kommenden Woche im Angebot“, sagte ein Verkäufer in einer Essener Filiale. Dann wird Real wohl auch hier die Schilder aufstellen, die jetzt bereits an anderen Stellen zu finden sind. Neben der Entschuldigung wird dort auch auf die gleichen Produkte anderer Hersteller hingewiesen. So versucht das Unternehmen aus der Not eine Tugend zu machen.

Eine Not, die zwar grundsätzlich nicht außergewöhnlich ist, in ihrer Art und Weise aber doch besonders. Auch bei anderen Ketten fehlen ab und an Marken in den Regalen. So warf Lidl erst kürzlich Coca-Cola für zwei Monate aus dem Sortiment. Die Begründung damals: „Streit um ein Vermarktungskonzept“. Der Unterschied jetzt: Nicht Real boykottiert das Produkt, sondern die Lieferanten boykottieren Real.

„Alptraum“ für jeden SB-Warenhausbetreiber 

„Das ist ein Zeichen, wie scharf verhandelt wird und ein Indiz für eine gewisse Verhandlungsschwäche von Real im Vergleich zu den anderen großen Wettbewerbern wie Edeka oder Rewe“, sagt Handelsexperte Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Auslöser ist die Tatsache, dass Real und die Metro-Großmärkte kürzlich die Verrechnung des gesamten Warengeschäfts in Deutschland an den Dienstleister Markant übergeben haben. Die Metro-Töchter wollen damit ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Doch einige der betroffenen Markenhersteller haben das Gefühl, bei der Neuordnung der Lieferbeziehung unangemessen zur Kasse gebeten zu werden und wehren sich.

Commerzbank-Analyst Jürgen Elfers bezeichnet die Situation als „Alptraum“ für jeden SB-Warenhausbetreiber, erwarte der Kunde doch in den Hypermärkten, die mit einer Auswahl von bis zu 80 000 Produkten werben, wirklich alle Einkäufe auf einen Schlag erledigen zu können.

Real selbst wirbt mit dem Slogan „Einmal hin. Alles drin.“ Das ist aktuell nicht der Fall, doch es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich die Regale bei Real wieder füllen. Mit Müller Milch sei schon eine Einigung gefunden und es werd mit Hochdruck daran gearbeitet, die Kühlregale wieder zu füllen, teilte die Molkerei mit. (Mit Material von dpa)