München. . Die Nebenklage im NSU-Prozess kritisiert das Verhalten der Angeklagten Beate Zschäpe als „manipulativ“. Sie hat beantragt, eine ihrer Pflichtverteidiger abzulösen.

Sie wirkt so selbstbewusst, dass es auf manchen Beobachter wie eine Provokation wirken muss. Allein die Art und Weise wie Beate Zschäpe, die mutmaßliche NSU-Terroristin, zu Beginn eines jeden Prozesstages lässig und scheinbar entspannt mit ihren Verteidigern plauderte. Aber auch die Tatsache, dass sie sich mit ihnen gern die Bonbons teilte, ist kein Beleg für ein gutes Verhältnis. Im Gegenteil, gerade torpediert Zschäpe ihre Anwälte erneut massiv. Das jedoch sagt wohl vor allem etwas über sie selbst aus.

„Eine Art unsittliches Angebot“

Noch steht nicht fest, wann der Vorsitzende Richter Manfred Götzl über den Antrag von Beate Zschäpe entscheiden wird, Anja Sturm als Pflichtverteidigerin zu entlassen. Doch auch diesem zweiten Versuch werden nicht all zu große Chancen eingeräumt. Schon im vergangenen Jahr hatte sie gleich alle drei Verteidiger abgelehnt, das Gericht befand ihre Begründung allerdings für nicht ausreichend. Nun attackiert sie Anja Sturm – sie sei herrisch und im Gerichtssaal oft unvorbereitet. In einem Brief, der dieser Zeitung vorliegt, schwärzt Zschäpe zudem ihre beiden anderen Verteidiger an und informiert das Gericht, sie „überlege, etwas auszusagen“.

Für Mehmet Daimagüler, Anwalt von zwei Nürnberger NSU-Opferfamilien, ist das geradezu „eine Art unsittliches Angebot“. Denn: „Sie ist Tatbeteiligte, sie kann im Prozess jederzeit aussagen, was sie will. Nun scheint sie es davon abhängig zu machen, ob das Gericht in ihrem Sinne entscheidet oder nicht.“ Er habe das Bild einer „hochmanipulativen Frau, die in den Jahren der NSU eine Fassade aufgebaut hat, die Freundschaften vortäuschte“. Er gehe davon aus, dass der Senat den Antrag Zschäpes ablehne.

Tatsächlich lässt sich die mutmaßliche Rechtsterroristin seit Beginn des Verfahrens von dem jungen Anwalt-Trio Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl vertreten. Alle drei sind Pflichtverteidiger, also vom Staat bezahlt. Zschäpe hat sie jedoch selbst ausgesucht, hatte auf Vorschlag von Wolfgang Heer kurz vor Prozessbeginn beantragt, mit Anja Sturm eine dritte Verteidigerin zur Seite gestellt zu bekommen. Begründet worden war das mit dem ungeheuren Aktenaufkommen, das zu zweit nicht zu bewältigen sei.

Störung des Verhältnisses müsste ernsthaft sein

Die Strategie der Anwälte, Beate Zschäpe möge im Gerichtssaal erst einmal schweigen, stand da bereits fest, ist auch nicht unüblich, wie Bertil Jakobsen, der NRW-Sprecher des Verbandes Deutscher Anwälte betont. Auch Jakobsen erwartet nicht, dass Zschäpes Gründe, ihre Anwältin abzulehnen, ausreichen werden. „Die Störung des Verhältnisses müsse schon so ernsthaft sein, dass der Prozess dadurch gefährdet wäre“, so Jakobsen.

Er selbst hätte sich eine solche Verteidigung nicht angetan. Die Vergütungssätze für Pflichtverteidiger seien deutlich niedriger als die der durchschnittlichen Wahlverteidiger. „Manche Fälle sind für Pflichtverteidiger nicht einmal kostendeckend, gerade wenn man weite Anreisen zum Prozessort hat“, so Jakobsen. Sturm, Heer und Stahl erführen sicherlich viel öffentliche Aufmerksamkeit, es werde ihnen jedoch sicherlich angekreidet, die NSU-Frau zu verteidigen, deren Terrorgruppe für den Tod so vieler Menschen verantwortlich sei.

In München wird derweil auf die Entscheidung des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl erwartet. OLG-Sprecherin Andrea Titz rechnet damit nicht vor nächster Woche: „Das Gericht muss feststellen, ob das Vertrauensverhältnis derart gestört ist, dass eine effektive Verteidigung nicht mehr gewährleistet ist.“

Das Trio Sturm, Heer, Stahl will sich zu dem Konflikt zur Zeit nicht äußern. Vor Gericht bestätigten sie, Zschäpe in einem Brief vorgeworfen zu haben, sie könnten sie nicht „optimal“ verteidigen, aufgrund ihrer nur „fragmentarischen Weitergabe ihres exklusiven Wissens“. Seitdem herrscht Funkstille.