Athen. . Von den Milliarden der bisher zwei Hilfspakete für Griechenland ist bei den Menschen kaum etwas angekommen. Pleitebedrohtes Land braucht drittes Hilfspaket.
Mit Krediten von rund 240 Milliarden Euro sollte Griechenland vor dem Staatsbankrott gerettet werden. Doch fünf Jahre nach Beginn der Hilfsaktion ist die Bilanz verheerend. Das Land steht wieder am Abgrund der Pleite. Die Wirtschaft rutschte in die tiefste und längste Rezession der Nachkriegsgeschichte. Die Menschen sind ärmer geworden, eine Million Jobs wurden vernichtet. Und die Schuldenlast ist heute höher denn je.
Das wirft die Frage auf: Was haben die Griechen mit den Milliarden gemacht? Antwort: gar nichts. Denn die meisten Hilfsgelder kamen nie in Griechenland an.
Rückblick: Im Frühjahr 2010 verlor Griechenland seinen Zugang zu den Kapitalmärkten. Anfang Mai schnürten die Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) ein Hilfspaket. Es umfasste 110 Milliarden Euro. Mit den Geldern sollte Griechenland in drei Jahren wieder auf die Beine kommen und die Rückkehr an den Kapitalmarkt schaffen. Aber das Land rutschte viel tiefer als erwartet in die Rezession.
Trotz Schuldenschnitts ist Griechenlands Schuldenberg gestiegen
Bald wurde klar: Athen brauchte weitere Kredite. Das im Februar 2012 geschnürte zweite Hilfspaket umfasste 130 Milliarden Euro sowie die bis dahin noch nicht ausgezahlten 34,3 Milliarden aus dem ersten Paket. Bestandteil dieses Konzepts war auch ein Schuldenschnitt, mit dem die privaten Gläubiger Griechenlands auf Forderungen von 107 Milliarden Euro verzichteten. Von den zugesagten Hilfskrediten wurden bisher rund 230 Milliarden Euro ausgezahlt. Das entspricht etwa dem 1,3-fachen des letztjährigen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Doch was haben die Kredite bewirkt?
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Seit Beginn des „Rettungsprogramms“ hat Griechenland rund ein Viertel seiner Wirtschaftskraft eingebüßt. Die Realeinkommen der privaten Haushalte gingen im Schnitt um ein Drittel zurück. Die Arbeitslosenquote verdreifachte sich von 8,9 auf 27 Prozent.
Und trotz des Schuldenschnitts ist der Schuldenberg heute viel höher als zu Beginn des Hilfsprogramms: 2009 beliefen sich die Schulden auf 301 Milliarden Euro, was einer Schuldenquote von 127,1 Prozent des BIP entsprach. Aktuell schuldet Griechenland 312,7 Milliarden Euro.
Hilfsprogramm trieb Griechenland in einen Teufelskreis
Mit dem vermeintlichen Hilfsprogramm wurde Griechenland in einen Teufelskreis getrieben: Viel zu strikte Sparauflagen ließen die Wirtschaft und die Sozialsysteme zusammenbrechen. Zugleich wurden dem Land neue Schulden aufgesattelt. Das von vielen Experten immer wieder geforderte Wachstumsproramm, das Griechenland befähigen könnte, seine Schulden zurückzuzahlen, gibt es bis heute nicht.
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Bei den Menschen in Griechenland ist von den Hilfsgeldern so gut wie nichts angekommen. Nur etwa ein Zehntel der Summe ging in die normalen Staatsausgaben, wurde also zur Deckung von Fehlbeträgen im Budget verwendet. 90 Prozent der Gelder dienten dazu, fällige Altschulden abzulösen, Zinsen zu zahlen, Staatsanleihen zurückzukaufen und die griechischen Banken zu rekapitalisieren, die beim Schuldenschnitt einen Großteil ihres Eigenkapitals verloren hatten.
Griechenland braucht drittes Hilfspaket
Die letzten Hilfsgelder an Griechenland sind im August 2014 geflossen. Seither halten die Geldgeber weitere Raten zurück, weil Athen bereits unter der Vorgängerregierung mit den Reformen in Rückstand geraten war. Aus dem zweiten Hilfspaket stehen noch 18,1 Milliarden Euro zur Verfügung, wovon 7,2 Milliarden auf bisher zurückgehaltene Mittel und 10,9 Milliarden auf bereits bewilligte Kredite entfallen, die für die Banken-Rekapitalisierung vorgesehen waren, aber nicht benötigt wurden. Um diese Gelder geht es bei den aktuellen Verhandlungen.
Schon seit Monaten ist klar: Griechenland braucht ein drittes Hilfspaket. Veranschlagte man den zusätzlichen Finanzbedarf noch im vergangenen Herbst auf etwa zehn bis 20 Milliarden Euro, gehen jüngste Schätzungen in eine Größenordnung von 40 bis 50 Milliarden.