Washington. . Die Metropole Mossul ist seit einem Jahr in der Hand der IS-Milizen. Um deren Vormarsch zu stoppen, schicken die USA weitere 1000 Militärausbilder ins Land.

Amerikas militärischer Fußabdruck im Irak wird schleichend immer größer. Um die Geländegewinne des „Islamischen Staats“ (IS) zu stoppen und die als mangelhaft geltende Kampfkraft der irakischen Armee zu heben, sollen noch in diesem Sommer voraussichtlich bis zu 1000 weitere US-Militärausbilder entsandt werden. Selbst der Aufbau einer neuen Truppen-Basis ist geplant.

Die Terrormiliz breitet sich weiter aus.
Die Terrormiliz breitet sich weiter aus. © dpa

Amerika hätte damit knapp vier Jahre nach dem Truppenabzug wieder über 4000 Soldaten im Irak stehen. Mit einem zentralen Unterschied: Sie sollen weiterhin nicht selber am Boden kämpfen, sondern nur irakische Einheiten so ertüchtigen, dass sie selbst den IS unter Kontrolle bringen und von ihm besetzte Städte zurückerobern können. Entsprechende Medienberichte wurden gestern aus Regierungskreisen in Washington bestätigt.

Bisher haben die USA nach eigenen Angaben 9000 irakische Kämpfer geschult, knapp 2600 stecken in der Ausbildung. Zu wenig, wie Regierungssprecher Josh Earnest während der durch eine Bombendrohung vorübergehend unterbrochenen Pressekonferenz im Weißen Haus anklingen ließ und dabei auf ein grundsätzliches Problem hinwies: Der irakischen Regierung gelingt es offenbar nicht, überhaupt eine ausreichende Zahl von Rekruten für die Kurse der US-Ausbilder zu gewinnen. Vor allem in der Provinz Anbar, die bis vor die Tore der Hauptstadt Bagdads reicht, wirke sich das negativ aus. Nach dem Fall der dort liegenden Stadt Ramadi an den IS im Mai hatte Pentagon-Chef Ashton Carter der irakischen Armee fehlenden Kampfeswillen vorgeworfen.

Konkret gemeint war etwas anderes: Die Regierung des schiitischen Premierministers Abadi unternimmt aus Sicht Washingtons entschieden zu wenig, um sunnitische Kämpfer in die Auseinandersetzung gegen den IS zu integrieren. Sie gelten nach Worten von Obama-Sprecher Earnest aber als Schlüssel, um dem ebenfalls sunnitisch geprägten Kalifat die Stirn zu bieten.

Vor allem Sunniten sollen eingebunden werden

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Stattdessen, so formulieren es Regierungsmitarbeiter inoffiziell, verlasse sich die Regierung Abadi auf die Hilfe schiitischer Milizen, die vom Mullah-Regime im Nachbarland Iran gesteuert und finanziert werden.

Um die Kräfteverhältnisse zu verändern, sollen von dem in der Nähe der Stadt Habbanija aus geplanten neuen US-Ausbildungslager vor allem sunnitische Stammeskämpfer trainiert werden, hieß es gestern im Pentagon. Größenordnung: 10 000 Männer zusätzlich, plus 3000 weitere reguläre irakische Armee-Mitglieder.

Mit anderen Worten: Die US-Regierung setzt – wie schon im Irak-Krieg 2006 im vorübergehend erfolgreichen Kampf gegen die Terrorgruppe Al-Kaida – erneut auf ein Wiedererwachen („Awakening“) der Sunniten. Ob Kämpfer dieser Bevölkerungsgruppe abermals mit Waffen, Geld und Training zum Aufstand gegen Dschihadisten zu motivieren sind, gilt aus der Sicht von Denkfabriken in Washington als fraglich. „So lange Bagdad den Sunniten keine echte Teilhabe an der Macht zubilligt, wird die Bereitschaft zu kämpfen eher begrenzt sein“, sagte ein Experte des Cato-Instituts.

Strategischer Kurswechsel

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Mit den intensivierten Trainings-Missionen der USA geht ein strategischer Kurswechsel einher. Die nord-irakische Stadt Mossul, seit genau einem Jahr in der Hand der IS-Milizen, sollte in diesem Sommer zurückerobert werden. Dieser Plan ist bis 2016 auf Eis gelegt. In Mossul hat der IS seit der Eroberung eine Schreckensherrschaft installiert und knapp tausend Menschen nach Scharia-Urteilen hingerichtet.

Für Obama-Kritiker im Kongress, allen voran Ex-Präsidentschaftskandidat John McCain, sind die Maßnahmen des Präsidenten halbherzig. Dass keine US-Kampfeinheiten eingesetzt werden, auch nicht als „Späher“ für die Zielaufklärung der US-Luftangriffe, dass Washington der irakischen Regierung schweres Kriegsgerät wie Kampfhubschrauber immer noch versagt, hält der Senator aus Arizona für einen „schweren Fehler“.