Athen/Berlin. Griechenland rückt der Staatspleite näher. Schuld an den schleppenden Verhandlungen tragen aber nicht die Griechen - meint Ministerpräsident Tsipras.
Die griechische Regierung ist aus Sicht von Ministerpräsident Alexis Tsipras nicht für die lange Dauer der Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern verantwortlich. Dass auch nach Monaten keine Einigung stehe, liege nicht an der Uneinsichtigkeit Athens, sondern an neoliberalen Kräften in der EU, die an seinem Land ein Exempel statuieren wollten, schrieb der Linkspolitiker in einem Beitrag für "Le Monde". Sein Land habe anders als behauptet reihenweise Reformvorschläge unterbreitet, die mehr Steuern einbrächten.
Athen benötigt dringend neue Kapitalhilfen, um eine drohende Staatspleite abzuwenden. Dazu verlangen die Geldgeber jedoch ein umfassendes Reformprogramm. Die bisherigen Hilfen für Griechenland belaufen sich auf 240 Milliarden Euro, etwa 55 Milliarden Euro entfallen auf Deutschland.
Alexis Tsipras steht unter Zeitdruck
Griechenlands Probleme besprechen am Montag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der französische Präsident François Hollande und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bei einem Treffen im Berliner Kanzleramt. Juncker sagte der "Süddeutschen Zeitung" (Montag), Griechenland sei zwar offiziell nicht Kern dieses Gesprächs, "es würde mich aber sehr wundern, wenn er es nicht würde".
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Merkel und Hollande telefonierten überdies am Sonntagabend mit Tsipras. Das Gespräch sei konstruktiv verlaufen, teilte eine Regierungssprecherin mit.
Athen steht in den Verhandlungen mit den Geldgebern unter Zeitdruck. Im Juni muss das pleitebedrohte Land knapp 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen.
Tsipras will Merkel und Hollande Entwurf vorlegen
"Griechenland ist das erste Opfer", schrieb Tsipras. "Alle Länder, die der Macht (der Neoliberalen) nicht nachgeben wollen, sollen demnach hart bestraft werden." Die Strafen bestünden nicht nur in der Auferlegung einer strengen Sparpolitik, sondern könnten auch Einschränkungen des Kapitalverkehrs oder die Einführung einer Parallelwährung neben dem Euro zur Folge haben.
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Tsipras hatte sich am Samstag mehr als acht Stunden lang mit seinen Unterhändlern beraten. In Medienberichten hieß es, schließlich sei auch ein Übereinkommen mit den Geldgebern entworfen worden.
Der Premier wolle diesen Vorschlag nun Merkel und Hollande vorlegen. Seine Regierung hofft offensichtlich darauf, dass dabei die wichtigsten Hindernisse aus dem Weg geräumt werden könnten. Sie hatte eigentlich bis zum Sonntag eine Einigung erzielen wollen.
"Grexit" würde mehr Probleme schaffen als lösen
Der deutsche EU-Digitalkommissar Günther Oettinger sagte dazu der "Welt": "Es wird Fortschritte auf Arbeitsebene brauchen, um uns - vielleicht sogar bis Ende der Woche - auf eine Reformagenda zu verständigen, die die Auszahlung der letzten Tranche aus dem laufenden Hilfsprogramm einleitet."
Griechenland soll im Rahmen des Ende Juni auslaufenden Hilfsprogramms noch 7,2 Milliarden Euro erhalten. Die Geldgeber zahlen die Mittel aber erst aus, wenn sich die Linksregierung zu Reformen verpflichtet.
Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion würde der Eurozone nach Junckers Ansicht mehr Probleme verschaffen als lösen. An dem Tag, an dem ein Land aus dem Euro ausscheiden sollte, "würde sich die Idee in den Köpfen festsetzen, dass der Euro eben nicht irreversibel ist", warnte er in der "SZ". Die Folge könnte ein Rückzug internationaler Investoren sein. (dpa)