Athen. . Die Diskussion um eine Staatsinsolvenz von Griechenland hält an. Dabei bezahlt der griechische Staat etliche Rechnungen schon gar nicht mehr.
Bisher sind die Griechen offenbar flüssig. Der Finanzminister zahlt Gehälter und Renten, er bedient pünktlich seine Auslandsschulden. Aber in Wirklichkeit ist dem Staat das Geld längst ausgegangen. Lieferanten sitzen auf Bergen unbezahlter Rechnungen, Unternehmen warten vergeblich auf Mehrwertsteuer-Erstattungen.
Wann sind die Kassen in Athen endgültig leer? Seit Langem wird darüber spekuliert. Jetzt, am Monatsende, wird es wieder einmal spannend: Die griechischen Rentner warten auf ihr Geld. Dafür werden 2,3 Milliarden Euro fällig. 900 Millionen davon muss der Finanzminister den Rentenkassen als Zuschuss überweisen. Rund eine weitere Milliarde wird für Gehälter im Staatsdienst benötigt. Das Geld sei vorhanden, versichert man in griechischen Regierungskreisen.
Doch bald folgt der nächste Zittertermin: Am 5. Juni muss Griechenland knapp 299 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) überweisen, zur Tilgung einer Kreditrate aus dem Jahr 2010. Insgesamt werden im Juni IWF-Kredite von über 1,5 Milliarden Euro fällig. Dass Griechenland diese Zahlungen ohne frische Hilfsgelder leisten kann, ist unwahrscheinlich. Deshalb steht Athen in den laufenden Gläubigerverhandlungen unter Zeitdruck.
Das dringendste wird bezahlt - der Rest nicht
Dass der Finanzminister bisher seinen Verpflichtungen gegenüber den ausländischen Gläubigern, den Rentnern und Staatsdienern nachkommen konnte, ist allein dem Umstand geschuldet, dass er fast alle anderen Zahlungen eingestellt hat. Lieferanten warten seit Monaten auf ihr Geld. Ministerien, Kommunen und Behörden sitzen auf unbezahlten Strom-, Telefon- und Wasserrechnungen. Grünanlagen werden nicht mehr bewässert, Parks verwildern. Bauvorhaben kommen zum Stillstand, weil kein Geld mehr vorhanden ist.
Unterm Strich belaufen sich die Verbindlichkeiten auf über 4,4 Milliarden Euro. Fast die Hälfte davon entfällt auf Schulden des staatlichen Krankenversicherers EOPPY bei Pharma-Herstellern. Weitere 903 Millionen Euro schulden staatliche Krankenhäuser ihren Lieferanten. In vielen Kliniken fehlt es inzwischen sogar an Verbandsmaterial, Gummihandschuhen und Einwegspritzen. 690 Millionen Euro schuldet der Finanzminister den griechischen Steuerzahlern. Vor allem mit der Erstattung der Mehrwertsteuer, die eigentlich binnen 90 Tagen erfolgen muss, sind die Behörden weit im Rückstand.
Leere Kassen auch bei Polizei und Feuerwehr: Rund ein Fünftel der Streifenwagen und Löschfahrzeuge ist außer Betrieb, weil es kein Geld für Reparaturen gibt. Mehrere Autobahnprojekte sind zum Stillstand gekommen, weil der Staat die Baufirmen nicht mehr bezahlen kann. Die Unternehmen müssen deshalb Arbeiter entlassen.
Stichtag ist der 5. Juni
Für die Tilgung des IWF-Kredits am kommenden Freitag kratzt das Finanzministerium jetzt das allerletzte Geld zusammen. Diese Woche gab Vize-Finanzminister Dimitris Mardas einen dringenden Erlass heraus. Damit werden 1193 öffentliche Einrichtungen, darunter Museen, Haftanstalten und TÜV-Stellen verpflichtet, ihre Konten bei den griechischen Geschäftsbanken aufzulösen und die Guthaben an die Zentralbank zu überweisen. Es geht selbst um kleine Beträge von weniger als 100 Euro. Letzter Termin, zu dem die Gelder überwiesen sein müssen, ist der 5. Juni – sicher nicht zufällig das Datum, an dem die Zahlung an den IWF fällig wird.