Lissabon. . Frank-Walter Steinmeier lobt Portugal und mahnt Griechenland, nicht vom Sparkurs abzuweichen. Doch die Portugiesen sind des Sparens müde.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigt sich tief besorgt wegen der griechischen Schuldenkrise. Gerade erst zu einem Besuch in Portugal eingetroffen, richtet er von Lissabon aus eine dramatische Warnung an die Regierung in Athen – und an die EU: Die ökonomischen Folgen eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone wären für das Land „fürchterlich“. Und die EU würde nicht nur einen „politischen Schock“ erleiden; es werde auch Europas Ruf in der Welt beschädigt, wenn die EU ein solches Problem nicht lösen könne.

Portugal als Vorbild für Griechenland

Die Mahnung formuliert der Minister nicht zufällig in Lissabon. Denn Steinmeier hat bei aller Sorge auch eine hoffnungsvolle Botschaft: Die Schuldenkrise könne gemeistert werden – das beweise das Beispiel Portugals. „Das Land hat gezeigt, wie man eine tiefe Krise überwinden kann, es kann Vorbild sein für andere in Europa“, lobt Steinmeier seine Gastgeber.

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Mitten im eskalierenden Schuldenstreit mit Griechenland ist der Minister deshalb nach Lissabon gereist, um Anerkennung und Respekt auszusprechen – und den portugiesischen Weg zur Nachahmung zu empfehlen.

Portugal hat es aus der Krise geschafft

Tatsächlich ist die Wiederaufstieg Portugals beachtlich, ähnlich wie die der früheren Pleitekandidaten Irland und Spanien. Kann der Weg aus der Krise also doch mit Haushaltssanierung und Strukturreformen gelingen, wie es Deutschland immer versichert hat?

Auf dem Höhepunkt der Eurokrise 2011 hatte Portugal vor dem Bankrott gestanden, EU und Internationaler Währungsfonds (IWF) mussten das Land mit Finanzhilfen von 78 Milliarden Euro vor der Pleite retten. Experten verglichen damals die Lage mit der Griechenlands, die Aussichten waren trübe.

Im Gegenzug musste Portugal einen strengen Sparkurs und umfassende Reformen durchsetzen: Steuererhöhungen längere Arbeitszeiten, Erhöhung des Renteneintrittsalters, Privatisierungen, Gehaltskürzungen und Stellenabbau im öffentlichen Dienst. Kaum ein anderes Land in der EU hat derart große Einschnitte ins Sozialsystem durchgesetzt wie die Regierung des liberalkonservativen Premiers Passos Coelho. „Wir haben den Beweis erbracht, dass die klassische Antwort auf die Krise funktioniert“, sagt der Regierungschef.

Portugals Wirtschaft wächst seit 2013

Inzwischen steht das Land wieder auf eigenen Beinen: Das Hilfsprogramm ist beendet, seit 2013 wächst die Wirtschaft, ein Teil der Darlehen wurde vorzeitig zurückgezahlt. Jetzt gehört die Regierung zu den schärfsten Kritikern Griechenlands: Athen dürfe „keine Zeit mehr verlieren“, sagt Außenminister Rui Machete bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Steinmeier, „es ist wichtig, dass jede Regierung ihre Verpflichtungen umsetzt und Reformen einhält.“

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Eine ökonomische Ansteckungsgefahr im Fall einer griechischen Staatspleite befürchtet man in Lissabon nicht mehr. Dafür könnte es zu einer politischen Ansteckung kommen, wenn sich der griechische Premier Alexis Tsipras mit seinen Forderungen nach einer Abkehr vom Sparkurs durchsetzt. Denn so beachtlich die wirtschaftliche Erholung Portugals ist, die Folgen der Krise sind noch nicht überwunden.

Vor allem die Arbeitslosigkeit ist weiter hoch, offiziell liegt sie bei 14 Prozent, tatsächlich ist sie wohl deutlich höher. Jeder Fünfte gilt als arm. Während die Wirtschaftsdaten nach oben zeigen, warnen Hilfsorganisationen, die soziale Lage werde sich verschlimmern. Die Proteste gegen den Kurs nehmen zu.

Das Land bleibt sehr verwundbar

Der Chef der größten, sozialistischen Oppositionspartei PS, Antonio Costa, fordert bereits eine Lockerung der Sparpolitik, will die öffentlichen Ausgaben wieder erhöhen. Costa hat gute Chancen auf einen Sieg bei den Parlamentswahlen im Oktober. Allerdings: Mit dem Kurs von Tspiras will auch er nichts zu tun haben – hätte der griechische Premier Erfolg, würde das nur die Kommunisten stärken. Schon warnt der Chef des Europäischen Rettungsfonds ESM, Klaus Reling, Portugal dürfe den Sparkurs nicht lockern, müsse weitere Reformen umsetzen. Der IWF meint, Portugal habe zwar die Krise viel besser gemeistert als Griechenland, bleibe aber „sehr verwundbar“.