Beringen. In der Schweiz sitzt ein mutmaßlich hochrangiger IS-Terrorist in U-Haft. Es gibt Hinweise, dass er einen Anschlag auf Bundespräsident Gauck plante.
Beringen ist ein ruhiger Fleck im Schweizer Kanton Schaffhausen. In der Umgebung nahe dem Bodensee steht viel Wald. Die deutsche Grenze ist nur drei Kilometer entfernt. Am 21. März 2014 war von der Idylle nicht mehr viel übrig. Ein neunköpfiges Sondereinsatzkommando der Schweizer Polizei stürmte eine Wohnung und führte den 27-Jährigen Mieter ab.
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Er trug einen Sack über dem Kopf, als sie den im Syrienkonflikt verwundeten Rollstuhlfahrer aus dem Haus brachten. Osama M. sitzt in Bern in der U-Haft und steht unter Terrorverdacht. Er wird konkret der „Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht“ beschuldigt. Jetzt hat das Bundesstrafgericht der Schweiz den Gefängnisaufenthalt des Mannes auch mit der Begründung verlängert, er habe sich selbst als „beliebten und angesehenen Kämpfer“ des Islamischen Staates (IS) bezeichnet.
Schloss Bellevue als Anschlagsziel
Zug um Zug werten die Ermittler derzeit die beschlagnahmte elektronische Kommunikation aus. Die Beweislage wird drückender. Die Schweizer Fahnder glauben, dass M. in der Eidgenossenschaft eine eigene IS-Terrorzelle aufbauen wollte. Sie halten ihm die Äußerung vor, christliche Schweizer seien nicht zum Missionieren da, sondern „ja, bei Gott, zum Enthaupten“. Die brisanteste Spur der Pläne des Irakers und von zwei seiner ebenfalls festgenommenen mutmaßlichen Komplicen führt aber ins nördliche Nachbarland. Osama M. hatte möglicherweise vor, Bundeswehreinrichtungen anzugreifen oder Bundespräsident Joachim Gauck zu töten.
Bei den Durchsuchungen, die der Festnahme folgten, hat die Schweizer Polizei sein Handy sichergestellt. Sie fand darauf ein Kartenprogramm. Drei mit Drop Pins markierte Orte zeigten Schauplätze in Syrien, an denen es IS-Anschläge gegeben hatte. Mit drei weiteren Pins waren Plätze in Deutschland gekennzeichnet: Ein Bundeswehr-Krankenhaus. Ein Gebäude des Chemiekonzerns Bayer. Und eben Schloss Bellevue, den Amtssitz des Präsidenten.
Osama M. soll gut vernetzt sein
Wie ernst ist der Verdacht? Was wissen die deutschen Fahnder davon? „Der Vorgang ist der Bundesanwaltschaft bekannt“, bestätigt in Karlsruhe der Sprecher des Generalbundesanwalts, Stefan Schmidt, unserer Redaktion. Details will er nicht nennen. „Die schweizerischen Sicherheitsbehörden sind unmittelbar mit diesem Vorgang befasst“, über den Informationsaustausch mit anderen Sicherheitsbehörden würde keine Auskunft erteilt. Mit einer Bewertung des Falles hält sich die oberste deutsche Ermittlungsbehörde also derzeit zurück.
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Das Schweizer Bundesstrafgericht stellt den mutmaßlichen IS-Kämpfer jedoch nicht nur als gut vernetzt dar - mit „Kontakten zu Freunden in Österreich, Deutschland sowie Großbritannien“. Es schätzt auch die Bedeutung des Inhaftierten innerhalb der Organisation des „Islamischen Staates“ recht hoch ein.
NSA hörte Telefonate von Osama M. ab
In der Entscheidung zur Haftverlängerung beruft es sich Seiten lang auf ausgewertete Protokolle seiner Skype-Telefonate. M.‘s wichtigster Gesprächspartner in Syrien vor der Festnahme habe eine „Kaderfunktion“ beim IS gehabt, glauben die Richter. Der habe Leute entlassen und Tötungsaufträge erteilen können, sich Treueeide schwören lassen, Sitzungen einberufen und an den „Finanzminister“ weiterverweisen können. Vor allem: Er hat Befehle gegeben. Es könnte sich bei diesem Mann um Akkab al Muhajir handeln, einen IS-Führer, der von Interpol gesucht wird, wird vermutet.
Ein abgehörtes Telefonat der beiden Mitte März 2014 hat Osama M. dann auch überführt. Mitgelauscht hat ein „Partnerdienst des Nachrichtendienst des Bundes“, wie das Bundesstrafgericht feststellt. Der Dritte in der Leitung war die amerikanische NSA, berichten Schweizer Medien.