Kairo. Um die antike syrische Oasenstadt Palmyra toben seit Tagen schwere Kämpfe. Dem Weltkulturerbe droht die Zerstörung. Forscher sind in großer Sorge.
Kommandos des „Islamischen Staates“ (IS) haben im Irak und in Syrien erhebliche Geländegewinne gemacht. Im Irak drangen die Kämpfer erstmals bis in das Zentrum der Provinzhauptstadt Ramadi vor, wo sie das Regierungsgebäude sowie die Polizeizentrale eroberten und anzündeten. In Syrien gelang es den Milizen am Wochenende in die Stadt Tadmur vorzurücken, an deren Südrand die antiken Ruinen von Palmyra liegen, die seit 1980 zum Weltkulturerbe gehören.
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In Palmyra hielten die Kämpfe das ganze Wochenende an, ohne dass eine der beiden Seiten die Oberhand gewinnen konnte. In der Nähe der antiken Ruinen kam es zu schweren Artillerieduellen. Die Wüstenstadt befand sich in den letzten vier Jahren fest in der Hand von Regierungstruppen. Doch auch sie könnte dem Assad-Regime nun entgleiten wie zuvor schon die Städte Idlib und Jisr Al-Shughour im Norden des Landes sowie die Grenzregion zu Jordanien im Süden.
Palmyra war ein Zentrum im Altertum
Mit der Oasenstadt Palmyra droht erneut einem wertvollen kulturellen Erbe die Zerstörung durch den IS. In der zentralsyrischen Wüste war Palmyra eines der herausragenden Zentren im Altertum. Die Unesco erklärte die Ruinen der ehemaligen Handelsmetropole der legendären Königin Zenobia schon 1980 zum Weltkulturerbe.
„Die Stadt ist ein Wunder“, schrieb bereits im 13. Jahrhundert fasziniert der syrische Geograph Yakut, als er in Palmyra eintraf. „Manche behaupten gar, sie sei von den Dämonen des Salomo errichtet worden“. Bis heute ist der einstige Glanz der Oasensiedlung und der sagenhafte Reichtum seiner antiken Bewohner spürbar geblieben.
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Besiedelt wurde der faszinierende Ort, den orientalische Dichter als „Perle der Wüste“ priesen, seit der Bronzezeit. Erstmals in Texten erwähnt wird Palmyra im zweiten Jahrtausend vor Christus als Zwischenstopp für Karawanen auf der Seidenstraße vom Mittelmeer zum Golf. Der große Aufschwung begann 130 v. Chr., als sich die Parther ins Zweistromland ausdehnten und die Römer Syrien besetzten. Plötzlich fand sich Palmyra zwischen den beiden neuen antiken Weltmächten wieder. Es wurde jedoch nicht zwischen den Blöcken zerrieben, sondern nutzte geschickt seine geographische Lage und entwickelte sich zu einer blühenden Handelsmetropole.
Goldene Epoche dauerte 300 Jahre
Seine goldene Epoche begann in den letzten Jahrzehnten vor Christi Geburt unter Kaiser Augustus und endete abrupt 273 n. Chr., als ein römisches Heer die Stadt plünderte und zerstörte. 300 Jahre oder zehn Generationen dauerte die historische Glückssträhne Palmyras.
Als erster Europäer entdeckte 1691 der Engländer William Halifax das versunkene Juwel mit seinem einzigartigen Panorama, in dessen Kultur griechische, römische und persische Einflüsse miteinander verschmolzen sind. Mit seinen Tempeln und Festtoren, seinem 1952 freigelegten römischen Theater und seinen Kolonnaden-Straßen sowie reich verzierten unterirdischen Grabanlagen gehört das Ensemble zu den imposantesten antiken Zeugnissen des gesamten Nahen Ostens.
Sollte der Islamische Staat bis auf das Gelände mit seinen über 1000 Säulen vordringen können, droht Palmyra das gleiche Schicksal wie den assyrischen Königsstädten Nimrud, Hatra und Niniveh bei Mossul im Irak, die die Dschihadisten mit Bulldozern, Sprengstoff und Presslufthämmern dem Erdboden gleichmachten. „Sollte der IS Palmyra erobern, wird er alles zerstören“, fürchtet Maamoun Abdulkarim, Chef der syrischen Antikenverwaltung,