Washington. Disanziert sich Jeb Bush von seinem Bruder und dem Irak-Krieg? Der mögliche Präsidentschaftskandidat hat auf diese Frage regelmäßig neue Antworten.
Amerikas Hauptstadt-Zeitung „Washington Post“ würdigt in einer schadenfreudigen Kolumne regelmäßig jenen Politiker von Rang, der „die schlimmste Woche“ hinter sich hat. Die Wahl dürfte diesmal leicht fallen. Jeb Bush, Sohn des 41. Präsidenten, Bruder des 43. Präsidenten und bald offiziell Kandidat für das Amt des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten, hat Freund und Feind just mit einem Zickzack-Lauf auf vermintem Terrain überrascht, der selbst bei Sympathisanten des Republikaners leise Zweifel an dessen Befähigung für das höchste Staatsamt auslöst. Dabei ging um den Irak-Krieg, den sein Bruder George W. mit der Begründung vom Zaun gebrochen hatte, Saddam Hussein sei im Besitz von Massenvernichtungswaffen. Wie man seit langem weiß, handelte es sich dabei um eine Lüge.
Weil der Irak-Krieg in der amerikanischen Bevölkerung bis heute in hohem Maße unbeliebt ist (astronomische Kosten, hoher Blutzoll, keine politische Befriedung), werden Äußerungen künftiger Möchtegern-Präsidenten dazu genau beäugt.
Sturm der Entrüstung in sozialen Netzwerken
Umso fassungsloser waren viele, als der frühere Gouverneur von Florida am Montag beim konservativen TV-Haussender „Fox News“ die vorher mehrfach behauptete Distanz zu seinem Bruder und dessen Irrungen vermissen ließ.
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Auf die Frage, ob er mit dem Wissen von heute ebenfalls die Invasion in den Irak angeordnete hätte, sagte der 62-Jährige wie aus der Pistole geschossen: „Das hätte ich getan....und das hätte auch fast jeder andere getan, wenn er mit den Geheimdiensterkenntnissen konfrontiert worden wäre, die es damals gab.“
Binnen Minuten brach in den sozialen Medien ein Sturm der Entrüstung los. Kommentatoren großer Zeitungen stellten den Verstand Bushs in Zweifel. Der Kandidat in spe versuchte anderntags die Wogen zu glätten. Was ziemlich misslang.
Konkurrenten gehen auf Konfrontationskurs
In einer Radio-Sendung sagte Bush, er habe die Frage „wohl falsch interpretiert“. Sicher müsse man aus heutiger Sicht feststellen, dass es vor dem Irak-Feldzug „Fehler“ und „fehlerhafte geheimdienstliche Erkenntnisse“ gab. Aber für ihn gelte: „Ich weiß nicht, was ich entschieden hätte. Das ist ein hypothetische Frage.“ Wieder erntete Bush in den Medien Kopfschütteln. Wieder justierten seine Kommunikationsberater nach.
Am Mittwoch erklärte Bush gegenüber Reportern in Nevada, die Beantwortung von hypothetischen Fragen wie der besagten würde den im Irak gefallenen amerikanischen Soldaten einen „Bärendienst“ erweisen. Reaktion wie gehabt: Kopfschütteln. Polit-Strategen der Republikaner wie Grover Norquist zeigten sich sprachlos über die „Sprachunfähigkeit“ Bushs in „so einer wichtigen Frage“. Konkurrenten um das Kandidaten-Ticket für das Weiße Haus in den eigenen Reihen - Rand Paul, Ted Cruz, Chris Christie, Marco Rubio - witterten die Chance und gingen auf Konfrontationskurs. Tenor ihrer Aussagen: Irak war ein Fehler - ich hätte niemals den Befehl zum Krieg im gegeben, wenn ich gewusst hätte, was ich heute weiß.
Hillary Clinton als lachende Dritte
Jeb Bush, Getriebener seiner eigenen, nicht immer geschmeidig gesetzten Worte, drehte abermals bei. Bei einer Wahlveranstaltung in Arizona kassierte er am Donnerstag seinen ursprünglichen Wortbeitrag kleinlaut ein: „Ich wäre nicht in den Irak gegangen, ich hätte nicht angegriffen.“
Kandidaten im US-Wahlkampf
In konservativen Kreisen ist die Bestürzung über den „Flip-Flopper“ (Wendehals) Bush, der hinter den Kulissen bereits 100 Millionen Dollar in der Wahlkampf-Kriegskasse haben soll, beachtlich. Jennifer Rubin, notorisch den Republikanern zugewandte Kolumnistin, ist in ihrem Urteil unbarmherzig: „Entweder Bush wird bei seinen Auftritten besser - oder er verliert.“ Lachende Dritte ist die demokratische Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton. Sie hält sich bedeckt. Obwohl sie 2002 als Senatorin für den Irak-Krieg gestimmt hat. Aber danach fragt im Moment niemand.