Berlin. . Die SPD agiert offensiv und verortet den NSA-Skandal bei Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wird sich die Union nun mit dem Fall Edathy revanchieren?
Die Opposition beantragt gern „Aktuelle Stunden“. So stellt man ein Thema im Bundestag streitig. Die NSA-Affäre, ein gefundenes Fressen, wird heute allerdings auf Initiative der Union aufgerufen. In ihren Reihen wird man aufmerksam beobachten, wie sich der Koalitionspartner, die SPD, verhalten wird: wie solidarisch.
Die Union ist alarmiert, weil die SPD offensiv agiert. Wie eine Opposition? Eine „hysterische Debatte“ macht Unions-Fraktionsmanager Michael Grosse-Brömer aus. Die Hysterie hat ein Gesicht, einen Namen: Yasmin Fahimi. Mehrfach schon hat die SPD-Generalsekretärin das Kanzleramt angegriffen und auch Konsequenzen gefordert.
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Merkel äußert sich ungern zum BND
„Sehr unglücklich“, findet der Unions-Abgeordnete Tankred Schipanski. Die SPD scheine die „übliche professionelle Form der Zurückhaltung aufgegeben zu haben“, beklagt der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg (CDU). Gerda Hasselfeldt, Chefin der CSU-Landesgruppe, führt die Nervosität der SPD auf die „schlechten Umfragewerte“ zurück.
Nicht nur Fahimi, Parteichef Sigmar Gabriel selbst lenkt den Fokus auf das Bundeskanzleramt. Es ist zuständig für die Geheimdienste und seit zehn Jahren in CDU-Hand. Hausherrin Angela Merkel äußert sich ungern zu den Vorwürfen gegen den Bundesnachrichtendienst; wenn, dann wie beiläufig, zuletzt am Rande von Staatsbesuchen. Bisher ist auch keine Regierungserklärung geplant.
"Eine sehr schwere Erschütterung"
Zweimal fragte Gabriel die Kanzlerin, einmal sogar im Koalitionsausschuss, ob Hinweise vorlägen, dass der BND im NSA-Auftrag Wirtschaftsspionage betrieben hätte. Zweimal antwortete Merkel mit Nein. Dass Gabriel ihre Antwort öffentlich machte, ist das Politikum. Die Kanzlerin soll nicht abtauchen können – sie soll Farbe bekennen. Dass er ein riskantes Spiel betreibt, ist Gabriel klar. Die Affäre sei geeignet, „eine sehr schwere Erschütterung auszulösen“.
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Die Neugier des Wirtschaftsministers ist verständlich. Die Unternehmen sind alarmiert. Beispiel VDMA, die Maschinenbauer. Verbandsexperte Steffen Zimmermann sagt: „Es empört uns. Die Bundesregierung betont in Gesprächen mit der Wirtschaft stets, dass dem Schutz der deutschen Wirtschaft vor Spionage eine hohe Relevanz zukommt. Wir sind einigermaßen fassungslos, dass dieser Schutz offenbar erhebliche Lücken aufweist.“
Die Woche der Wahrheit
Einigermaßen gesichert ist, dass die NSA für Abhöraktionen Begriffe wie „EADS“ und „Eurocopter“ wählte. Der BND will aber die letzte Kontrolle behalten und unkoschere Anfragen abgeblockt haben. Das ist der Grund, warum der Abgeordnete Schipanski, der im Untersuchungsausschuss sitzt und BND-Akten einsieht, die Aufregung nicht verstehen kann. Aus der Sicht eines Juristen waren die Anfragen ein „untauglicher Versuch“.
Es ist die Woche der Wahrheit, heute mit Berichten und Auftritten vor den Geheimdienstkontrolleuren und morgen dann mit Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss. Während die Kanzlerin die Affäre vertraulich aufklären lassen will, wünscht die SPD mehr Offenheit. Fraktionschef Thomas Oppermann macht es am Beispiel der Suchbegriffe deutlich. Sollte die NSA „sachfremde“ Aufträge erteilt haben, dann seien sie auch nicht schutzwürdig. Unterschiedliche Philosophien prallen da aufeinander.
Union verschärft den Ton
Die Union deutet an, dass sie neue Saiten aufziehen könnte. So rief Grosse-Brömer in Erinnerung, dass die Zusammenarbeit mit der NSA schon Anfang des Jahrtausends anfing und auf eine Vereinbarung zurückgeht, die „die Handschrift von Frank-Walter Steinmeier trägt“. Wenn er vom Memorandum mit den USA spricht, redet Grosse-Brömer gern vom „Steinmeier-Papier“. Er war damals Kanzleramtschef, heute Außenminister. Und in der SPD.
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Die größte Schmerzzone der SPD dürfte die Edathy-Affäre sein, die zeitgleich aufgeklärt wird. Eine schärfere Gangart könnte für Oppermann gefährlich werden. Zuerst hatte CDU-Vize Jens Spahn die Verbindung zwischen BND- und Edathy-Affäre hergestellt: „Warum haben wir Oppermann vor einem Jahr so geschont?“, ärgerte er sich.
Gestern nun äußerten mehrere Unionspolitiker im Edathy-Untersuchungsausschuss den Verdacht, die SPD-Führung sei entgegen ihren Beteuerungen womöglich nicht zuerst vom damaligen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) über den Kinderporno-Verdacht gegen Sebastian Edathy informiert worden. Sondern? Von Parteifreunden in Niedersachsen. Oppermann und Gabriel hätten dann öffentlich die Unwahrheit über den Affärenablauf gesagt und wären unhaltbar. „Wenn wir die Fakten haben, werden wir uns unmissverständlich äußern“, sagt CDU-Mann Armin Schuster drohend.