Brüssel. . Europas Staats- und Regierungschef haben zwar viele Ideen, wie den Flüchtlingen zu helfen wäre. Aber bei der Umsetzung zeigen sich viele Probleme.
Angesichts der Serie von Flüchtlingskatastrophen verstärkt die EU ihre Kapazitäten zur Seenot-Rettung im Mittelmeer. Die Staats- und Regierungschefs verständigten sich auf ihrem Dringlichkeitsgipfel in Brüssel, die finanzielle Ausstattung der Operation Triton zu verdreifachen. Mit rund neun Millionen Euro im Monat läge das Budget damit so hoch wie die Ende des Jahres eingestellte italienische Mission Mare Nostrum, die über hunderttausend Menschen vor dem Ertrinken gerettet hatte. Deutschland sei bereit, finanziell nötigenfalls auch noch mehr zu tun, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Geld darf hier keine Rolle spielen.“
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Die Bundesrepublik will zudem zwei Schiffe zur Verfügung stellen. Sie sollen ausschließlich zur Bergung von Menschen eingesetzt werden sollen, obwohl Triton in erster Linie mit Grenzschutz beauftragt ist. Auch andere Mitgliedstaaten haben Schiffe angeboten. So will Großbritannien Flaggschiff „HMS Bulwark“ aufbieten, dazu drei Marine- Hubschrauber und zwei Patrouillenboote der Küstenwache. Ob Triton wie zuvor Mare Nostrum künftig auch jenseits der 30-Meilen-Zone vor der Küste operieren kann, ist bislang ungeklärt. „Darüber muss man reden“, sagte die Kanzlerin.
Schlepperboote sollen zerstört werden
Die EU-Staaten wollen koordiniert und systematisch gegen die Schleuserbanden vorgehen, die Flüchtlinge für mehrere tausend Dollar pro Person auf die oft hochseeuntüchtigen Boote verfrachten. Die Polizei- und Justizämter der EU sollen die kriminellen Netzwerke zerschlagen, die Kundenwerbung im Internet unterbinden und ihre Konten sperren.
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Außerdem sollen ihre Schlepper-Boote zerstört werden. Das setzt freilich ein Mandat des UN-Sicherheitsrats oder Ersuchen durch eine reguläre libysche Regierung voraus – beides derzeit nicht zu haben. Wie die völkerrechtlichen Voraussetzungen für den angepeilten Einsatz geschaffen werden können, soll nun die Chefin des Auswärtigen Dienstes der EU, die Italienerin Federica Mogherini, klären.
Gerechtere Lastenverteilung
Nicht mehr als Absicht ist bislang auch die gerechtere Lasten-Verteilung unter den Mitgliedstaaten. Die Ankunftsländer, derzeit vor allem Italien, sollen entlastet werden. Merkel sagte, sie erwarte, dass sich alle Mitgliedstaaten daran beteiligen und die Italiener im Gegenzug sämtliche Ankömmlinge registrieren. Auch das bisherige Asylverfahren, die sogenannten Dublin-Regeln, seien veränderungsbedürftig. Eine fairere Verteilung will die EU zunächst in einem begrenzten Pilot-Projekt ausprobieren.
„Den Worten müssen nun Taten folgen“, mahnte die Kanzlerin. Das betrifft auch die gleichfalls beabsichtigten Anstrengungen zur Stabilisierung des wichtigsten Herkunfts- und Transitlandes Libyen, das derzeit keine funktionierende Regierung hat. Darum habe man sich zu wenig gekümmert, räumt Frankreichs Präsident Francois Hollande ein. „Heute müssen wir die Fehler von gestern reparieren.“
Sehr kritisch war zuvor der Präsident des Europa-Parlaments, Martin Schulz, mit den Regierungen ins Gericht gegangen: „Es gibt überhaupt keine EU-Migrationspolitik. Es gibt einen Flickenteppich aus 28 verschiedenen einzelstaatlichen Systemen … Und weil es keine echte europäische Asyl- und Migrationspolitik gibt, verwandelt sich das Mittelmeer in einen Friedhof.“