North Charleston. Nach den tödlichen Schüssen eines Polizisten auf einen offenbar unbewaffneten Schwarzen soll die örtliche Polizei jetzt Körperkameras bekommen.

Nach dem jüngsten Fall tödlicher Polizeigewalt in South Carolina wird der Ruf nach flächendeckender Ausrüstung der rund 18 000 Polizeireviere in Amerika mit an der Uniform befestigten Kameras lauter. „Das schützt nicht nur die Bürger, es hilft auch den Cops“, sagte der einflussreiche Bürgerrechtler Al Sharpton in New York. Er sprach sich für eine nationale Gesetzgebung aus, die „Body-Cams“ obligatorisch machen würde. Polizei-Gewerkschaften unterstützten die technologische Ergänzung. „Wenn Passanten eine Szene mit dem Handy filmen, ist das nur eine Hälfte der Wahrheit.“

„Ich kriege keine Luft mehr“

Im Fall Walter Scott (50), der in North Charleston von dem weißen Polizisten Michael Slager (33) gezielt erschossen und dabei von dem 23-jährigen Passanten Feidin Santana mit der Handykamera gefilmt wurde, reichte diese Teilwahrheit, um Slager zu entlassen und unter Mordanklage zu stellen. Santana wollte die Aufnahmen zunächst löschen. Erst nach der Notwehr-Lüge des Todesschützen, sagte er dem Sender NBC, stellte er die Bilder der Familie des Opfers zur Verfügung.

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Zurzeit experimentieren laut Kriminologen erst 25 Prozent der Polizeibehörden in den USA mit der Body-Cam-Technik. Sie soll das Geschehen bei Einsätzen festhalten. Steht später Aussage gegen Aussage, können die Aufnahmen zeigen, ob der Einsatz verhältnismäßig war.

Der Grund für die lückenhafte Bestückung mit Körper-Kameras? Geld. Um ein mittelgroßes Polizeirevier auszustatten, werden mehrere hunderttausend Dollar fällig. Technik zur Aufbewahrung des Film-Materials nicht eingerechnet. „Kleinere Gemeinden in den USA“, sagen Abgeordnete in Washington, „kommen da in Schwierigkeiten.“ Sie unterstützen den Vorstoß des Weißen Hauses. Präsident Obama hatte nach den Unruhen in Ferguson, wo ein schwarzer Jugendlicher im vergangenen Sommer von einem weißen Polizisten unter dubiosen Umständen getötet worden war, vom Parlament 260 Millionen Dollar angefordert. Damit sollen 50 000 Body-Cams angeschafft werden.

Bilder verhindern nicht alle Gewaltexzesse

Regierungsoffizielle weisen darauf hin, dass erste Erfahrungen mit den Kameras Mut machten. So sei in Rialto (Kalifornien) und Mesa (Arizona) die Zahl der Fälle von strittiger Gewaltanwendung durch die Polizei ebenso deutlich gesunken wie die Zahl der Beschwerden von Bürgern.

Bürgerrechts-Organisationen sind uneins in der Frage, ob der Einsatz von Body-Cams Polizisten tatsächlich diszipliniert und Gewalt-Exzesse verhindert. Sie verweisen auf die seit fast 25 Jahren bekannte Macht der Bilder bei aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsätzen. 1991 hielt ein Privat-Filmer fest, wie Polizisten den schwarzen Lkw-Fahrer Rodney King in Los Angeles misshandelten. Der Vorfall führte zu schweren Unruhen. Seither gab es in den USA Hunderte - auf Video festgehaltene - Polizei-Einsätze, bei denen tödliche Gewalt im Spiel war und die Beamten dennoch unbehelligt blieben. Zuletzt wurde Eric Garner in New York von Polizisten solange in den Schwitzkasten genommen, bis er an den Folgen starb. Auf dem Video hörte man das Opfer mehrfach rufen: „Ich kriege keine Luft.“ Die Staatsanwaltschaft erhob gegen die Polizisten keine Anklage.