Washington/Lausanne. . Die Iran-Atom-Verhandlungen in der Schweiz blieben auch am Mittwoch ohne Durchbruch. An diesem Donnerstag soll erneut verhandelt werden.

Auch in der „Nachspielzeit“ hat der von den USA geführte Westen bei den Atom-Verhandlungen mit dem Iran keinen Durchbruch erzielt. Die Kompromiss-Suche geht an diesem Donnerstag weiter.

Anstelle eines Rahmenabkommens, in dem konkret festgelegt sein sollte, wie der Iran sein umstrittenes Atom-Programm nachprüfbar in ausschließlich zivile Bahnen lenkt und von der unterstellten militärischen Nutzung der Nuklear-Energie dauerhaft Abstand nimmt, steht nach den gestern Abend erneut verlängerten Verhandlungen im schweizerischen Lausanne womöglich nicht mehr als eine „Absichtserklärung mit weiterem Fahrplan“ zu erwarten, wie es aus US-Kreisen hieß.

Die Sechser-Gruppe - USA, China, Russland, England Frankreich und Deutschland - hat in den seit sieben Tagen währenden Marathon-Gesprächen mit dem Iran zwar Fortschritte erzielt, aber anders als von Russlands Außenminister Lawrow verkündet „noch keine Einigung in allen zentralen Punkten“, erklärte das US-Außenministerium.

Der Iran fordert "Würde" und "Respekt"

Im Laufe des heutigen Tages wird sich zeigen, ob die Verhandlungen vollends in die Sackgasse geraten. Oder ob bis Ende Juni, ursprünglich als Frist für die Klärung technischer Details vorgesehen, doch noch eine große Lösung gefunden werden soll. Aus US-Sicht liegt der Ball im Spielfeld Teherans. „Dort müssen die Entscheidungen getroffen werden“, sagte Obama-Sprecher Josh Earnest.

Die USA wollen nach über zwölf Jahren Atom-Streit mit dem Iran einen „Arbeitszettel“, auf dem klipp und klar steht, was Teheran bis wann wie technisch leisten muss, um als vertrauenswürdiger Partner gelten zu können, der seine Nuklear-Technik allein für friedliche Zwecke einsetzt.

Iran dagegen setzt auf „Symbolik“, argumentiert mit „nationaler Souveränität“, fordert „Würde“ und „Respekt“ und weigert sich bisher ein bindendes Papier mit zu unterzeichnen. Jedenfalls solange, wie der Westen nicht die Sanktionen des UN-Sicherheitsrates und die der EU und anderer Länder komplett aufhebt, die der iranischen Wirtschaft nicht nur in der Öl-Industrie und im Bankensektor zu schaffen machen. US-Unterhändler boten an, die ökonomische Knebelung des Iran stufenweise zu lockern; bei nachgewiesener Vertragstreue Teherans in der Atomfrage. Vize-Außenminister Araghchi lehnte diese Vorleistung ab.

Nicht die "einflussreichsten iranischen Figuren" am Tisch

Ein weiterer Streitpunkt: Der Westen will nicht, dass der Iran mit Hilfe von neuen, leistungsstärkeren Zentrifugen zur Uran-Anreicherung seine Forschung im Nuklearbereich vorantreibt. Teheran verlangt dagegen einen pauschalen Vertrauensvorschuss und weist den Generalverdacht gegen sich zurück, damit noch zügiger an der Atom-Bombe bauen zu wollen.

Dabei stellt sich aus US-Sicht zunehmend als hinderlich heraus, dass in der Schweiz nicht die „einflussreichsten iranischen Figuren“ am Tisch sitzen. Der weltläufige, in den USA ausgebildete Außenminister Sarif spreche gewiss für Präsident Ruhani, sagen US-Offizielle. „Was Religionsführer Khamenei und der einflussreiche Kommandant der Al-Kuds-Garden, Suleimani, denken, steht auf einem ganzen anderen Blatt.“

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Verhandlungslinie der Amerikaner ist es, den Iran atomtechnisch so zu regulieren, dass vom Zeitpunkt einer festgestellten Vertragsbrüchigkeit an mindestens ein Jahr vergehen würde, bis Teheran de facto eine Atom-Bombe zur Verfügung hat. Diese Zeitspanne („breakout time“) reiche aus, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sagt das Weiße Haus. Dazu zähle auch die Option eines militärischen Angriffs auf iranische Atom-Anlagen.

Netanjahu hält US-Strategie für fahrlässig

Vor allem Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hält die US-Strategie für fahrlässig. Teheran werde seine ohnehin auf Expansion und Konfrontation angelegte Politik im Mittleren Osten mit einem Atom-Vertrag noch rücksichtsloser als bisher fortsetzen und den Bau der Bombe erst recht beschleunigen, erneute er gestern seine Kritik an den USA.

Je vager heute ein Abschluss-Communique in Lausanne ausfällt, desto schwieriger wird es für US-Präsident Obama, den Kongress in Washington zu zügeln. Die Republikaner haben zusätzliche Sanktionen gegen den Iran angekündigt, was den Verhandlungsprozess platzen lassen könnte. Auf der anderen Seite: Fehlen in dem Papier klare Hinweise auf Lockerungen der Sanktionen, könnte in Teheran Präsident Ruhani unter Druck der Hardliner geraten, die in den USA noch immer den „Großen Satan“ sehen.