Washington. Ab Juli wird es im US-Bundesstaat Indiana erlaubt sein, Schwule, Lesben und Transsexuelle als Kunden oder Gäste aus religiösen Gründen abzuweisen.
Die Homo-Ehe ist mittlerweile in 38 von 50 US-Bundesstaaten gesetzlich geschützt. Und in wenigen Monaten wird der Oberste Gerichtshof in Washington aller Voraussicht nach in einem historischen Urteil den gleichgeschlechtlichen Bund fürs Leben ein für allemal unter verfassungsrechtlichen Schutz stellen.
Darum wirken die Nachrichten, die jetzt aus Indiana kommen, so sehr aus der Zeit gefallen. Ab Juli wird Unternehmen, öffentlichen Organisationen und Geschäftsleuten im Staat der „Hoosier“ de facto erlaubt sein, Schwule, Lesben und Transsexuelle als Kunden oder Gäste aus religiösen Gründen abzuweisen.
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Sturm der Entrüstung
Seit Gouverneur Mike Pence das entsprechende Gesetz im Beisein von Kirchenvertretern unter Ausschluss der Medien unterzeichnet hat, entlädt sich ein Sturm der Entrüstung über der vorzugsweise für Autorennen und Football bekannten Hauptstadt Indianapolis. Dort gingen am 28. März rund 3000 Menschen auf die Straße. Motto: „Wir sind nicht das Alabama der 50er Jahre, kein Platz für Diskriminierung in unserem Staat“.
Die landesweite Protestwelle reicht von Pop-Sternchen Miley Cyrus, die den konservativen Gouverneur Pence mit nicht zitierfähigen Begriffen belegt hat, über George Takei („Mr. Sulu“ in „Raumschiff Enterprise“), der als bekennender Schwuler schlicht zum Boykott Indianas aufruft, bis zur Studentensport-Organisation NCAA, die das millionenschwere Basketball-Finale in dieser Woche in Indianapolis gefährdet sieht und sich vehement für „Gleichberechtigung“ ausspricht.
Handfeste Drohungen großer Internet-Unternehmen
Noch handfester sind Drohungen von großen Internet-Unternehmen wie Salesforce, Yelp und Angie‘s List, die millionenschwere Investitionen in Indiana bereits zurückgestellt haben oder ihre Geschäftsbeziehungen komplett auf den Prüfstand stellen wollen. Bürgermeister Greg Ballard, wie Pence ebenfalls Republikaner, aber ein entschiedener Gegner des neuen Gesetzes, befürchtet, dass „Investoren sich bei uns nicht mehr willkommen fühlen“ und das Image der Stadt nachhaltig Schaden nimmt.
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Der demokratische Gouverneur von Virginia, Terry McAuliffe, hatte besorgten Unternehmen in einem öffentlichen Brief geraten, ihre Firmensitze nach Virginia zu verlegen. Neben Apple-Chef Tim Cook, der seine Homosexualität im Oktober öffentlich gemacht hatte, kritisierte auch der Mitgründer des Online-Bezahldienstes Paypal, Max Levchin, die Regelung. Die Band Wilco sagte ein Konzert in Indiana ab und der College-Dachverband NCAA deutete an, in dem US-Staat keine großen Sportveranstaltungen mehr organisieren zu wollen.
Hillary Clinton zeigte sich öffentlich bestürzt
Obwohl 19 weitere Bundesstaaten vor allem im Süden der USA vergleichsweise lautlos ähnliche Gesetze verabschiedet haben, die das Recht auf Religionsausübung (und damit das Recht auf Ablehnung bestimmter sexueller Orientierungen) umfassend schützen, spielt der Fall Indiana unüberhörbar in den beginnenden Präsidentschaftswahlkampf für 2016 hinein. Hillary Clinton, designierte Kandidatin der Demokraten, zeigte sich öffentlich bestürzt über den „Rückfall“ in überwunden geglaubte Zeiten.
Clinton, hieß es aus ihrem Umfeld, denkt an Fälle, wo ein Polizist in Oklahoma sich weigerte, eine Moschee dienstlich zu betreuen und ein anderer sich dem Auftrag widersetzte, eine Schwulen-Parade zu beschützen, während es in New Mexico ein Fotograf ablehnte, ein lesbisches Paar nach der Heirat abzulichten - alles aus religiösen Gründen.
Clintons potenzielle Gegner bei den Republikanern halten sich mit Stellungnahmen bisher noch bedeckt. Bis Mitte April wird sich das ändern. Mit Marco Rubio (Senator aus Florida) und Rand Paul (Senator aus Kentucky) werden dann zwei weitere Konservative ihre Ambitionen auf eine Kandidatur für das Weiße Haus verkünden.
Nach teils schwerer Kritik kündigten die Republikaner in Indiana nun an, den Wortlaut des Gesetzes zu überarbeiten, um eine drohende Diskriminierung Homosexueller zu verhindern. Auch in anderen US-Staaten gibt es nun erheblichen Gegenwind, auch von Geschäftsleuten, die um den Ruf ihres Standortes fürchten. Debatten über ähnliche Religionsgesetze wurden vorerst gestoppt, etwa in Georgia und in North Carolina. Ein in Arkansas geplantes Gesetz, das am Freitag den Senat passiert hatte, sollte überarbeitet werden. (mit dpa)