Kiew. Machen die Separatisten in der Ostukraine nach ihrer Eroberung der Stadt Debalzewo nun Halt? Westliche Politiker sehen Moskau in der Pflicht.
Nach der Eroberung der strategisch wichtigen Stadt Debalzewo in der Ostukraine durch prorussische Separatisten steigt der Druck auf Moskau, die Rebellen an die kurze Leine zu nehmen. Wenn Russland und die Separatisten die Friedensvereinbarung von Minsk nicht umsetzten und weiter Kämpfer und Ausrüstung aus Russland in die Ukraine gelangten, werde der Preis erhöht, den Russland dafür zu zahlen habe, warnte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki.
Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, äußerte sich in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" ähnlich: "Sollte Minsk tatsächlich scheitern, wäre eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegenüber Russland unausweichlich."
Der außenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Philipp Mißfelder, sieht Russland in der Verantwortung. Der UN-Sicherheitsrat habe in einer Resolution die Einhaltung des Waffenstillstands gefordert. "Da Russland diese Resolution einbrachte, hat es auch eine besondere Verantwortung für deren Umsetzung", sagte er der Zeitung. Er forderte die Konfliktparteien auf, den Beobachtern der OSZE endlich zu ermöglichen, die Einhaltung der Waffenruhe und den Abzug der schweren Waffen zu überwachen.
Polizeimission der EU gefordert
Der prowestliche ukrainische Präsident Petro Poroschenko schlug eine internationale Mission im Krisengebiet vor. "Ich rege an, die Einladung einer UN-Friedensmission zu diskutieren, die gemäß einem Mandat des Weltsicherheitsrats handeln wird - das für uns beste Format ist eine Polizeimission der Europäischen Union", sagte der prowestliche Staatschef bei einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats am Mittwochabend in Kiew.
Beim Abzug von rund 2500 Regierungssoldaten aus der strategisch wichtigen Stadt Debalzewo seien mindestens sechs Militärangehörige von Separatisten getötet und mehr als 100 verletzt worden, sagte Poroschenko. Er warf den prorussischen Aufständischen vor, die vereinbarte Waffenruhe von Beginn an bewusst verletzt zu haben.
20.000 Bürger vor Gefechten geflüchtet
Die Aufständischen setzen unterdessen ohne Wahl den Separatisten Alexander Afendikow als Bürgermeister von Debalzewo ein. Er kündigte die Verlegung schwerer Technik in die Stadt an, um Kampfschäden zu beseitigen. Von ursprünglich 25.000 Einwohnern seien etwa 20.000 Bürger vor den Gefechten aus der Stadt geflüchtet, sagte Afendikow.
Der Rückzug der ukrainischen Truppen aus der Stadt war zwar eine bittere Niederlage für Poroschenko. Zugleich hielt er damit aber den Weg für die Umsetzung des Friedensprozesses offen. Poroschenko kritisierte Russland scharf. "Die ganze Welt hat gesehen, dass Russland seine Verpflichtungen nicht einhält", sagte er bei einem Treffen mit Regierungssoldaten im Unruhegebiet. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte Russland erneut. Zugleich warb sie aber für eine Rückkehr Moskaus zu einer Partnerschaft mit der EU.
Merkel ging beim politischen Aschermittwoch der CDU in Demmin in Mecklenburg-Vorpommern nicht auf den Bruch der Waffenruhe durch die Separatisten ein. "Die Bundesregierung, die europäischen Regierungen, Deutschland und Frankreich gemeinsam werden nicht nachlassen, alles dafür zu tun, damit die Ukraine ihren Weg gehen kann und ihre territoriale Integrität hat." Moskau habe mit der Annexion der Krim das Völkerrecht verletzt. Genauso aber würden die EU-Regierungen alles dafür tun, "dass Russland wieder unser Partner wird". (dpa)