Kopenhagen. Nach dem Terroranschlag steht Dänemark unter Schock. Am Montagmorgen berichten Ermittler von zwei Festnahmen. Es handelt sich offenbar um Komplizen.
- Die dänische Polizei hat nach den Terroranschlägen von Kopenhagen zwei Männer festgenommen. Sie würden beschuldigt, dem Attentäter "mit Rat und Tat" geholfen zu haben, berichteten die Ermittler am Montag.
- Der mutmaßliche Attentäter in der Hauptstadt Kopenhagen war der Polizei unter anderem durch Gewaltdelikte und Verstöße gegen das Waffengesetz bekannt. Er soll sich mehrfach wütend über Israel geäußert haben.
- Kopenhagen will am Montagabend der Opfer der Attentate gedenken.
Dänemark steht unter Schock. Nur Wochen nach dem Anschlag auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris erlebte Dänemark einen ähnlichen Anschlag auf die Meinungsfreiheit. Am Samstagnachmittag entgingen der schwedische Mohammed-Karikaturist Lars Vilks, der Botschafter Frankreichs und weitere Teilnehmer einer Veranstaltung im Kulturhaus Krudttönden nur knapp einem Massaker.
Zur Veranstaltung „Kunst, Blasphemie und Meinungsfreiheit“ waren mehrere Dutzend Menschen gekommen. Plötzlich waren Schüsse aus dem Eingangsbereich zu hören. Ein Attentäter, der eine Schnellfeuerwaffe bei sich trug, hatte versucht, sich kurz nach 15.30 Uhr den Weg zu der Veranstaltung freizuschießen. Nach Angaben der Zeitung „Jyllands-Posten“ war es offenbar der Anwesenheit von sechs oder sieben Polizisten im Eingangsbereich zu verdanken, dass es nicht zu einem Massaker wie in Frankreich kam. Die Beamten erwiderten sofort das Feuer. Der Täter flüchtete, ohne in den Saal zu gelangen. Der 55-jährige dänische Filmemacher Finn Nörgaard wurde jedoch getötet, drei Polizisten wurden verletzt.
Karikaturist Vilks war vermutlich das Ziel
Vermutlich war der schwedische Karikaturist Vilks das Hauptziel des Anschlags. Der schwedische Künstler wurde nicht verletzt – er flüchtete während der Schießerei in einen Kühlraum. „Es war die gleiche Intention wie bei Charlie Hebdo, nur dass sie nicht reinkommen konnten“, sagte Frankreichs Botschafter Zimeray.
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Doch der Alptraum war mit dem Überfall noch nicht zu Ende. Sondereinsatzkommandos jagten den Täter, der zunächst in einem Kleinwagen und später in einem Taxi floh. Er ließ sich zu seiner Wohnung bringen. Die Polizei veröffentlichte entsprechende Bilder von Überwachungskameras.
Gegen ein Uhr nachts fielen dann plötzlich erneut Schüsse. Dieses Mal vor der Kopenhagener Synagoge, in der eine jüdische Feier – eine Bar Mitzwa – stattfand. Ein Wachmann (37) am Eingang wurde ermordet, zwei Polizeibeamte wurden verletzt. Nach den Vorfällen am Nachmittag war die Synagoge unter Polizeischutz gestellt worden. Offenbar täuschte der Täter bei seiner zweiten Tat Trunkenheit vor: Taumelnd wie ein Betrunkener habe er sich der Synagoge genähert. berichtet die Tageszeitung "Politiken".
Um fünf Uhr am Morgen dann ein weiterer dramatischer Zwischenfall: Mittlerweile hatte die Polizei Stellung vor der Wohnung des Mannes in der Nähe des Bahnhofs Nørrebro bezogen. Kurz vor fünf Uhr kehrte der mutmaßliche Täter zurück. Die Sicherheitskräfte riefen ihn an. Der Gesuchte eröffnete sofort das Feuer. Die Beamten schossen zurück und trafen den mutmaßlichen Terroristen tödlich.
Täter kommt aus Kopenhagen
Die Identität des Mannes wollten die Ermittler zunächst nicht preisgeben. „Er kommt aus Kopenhagen, das ist alles, was wir sagen können“, sagte Jens Madsen, Chef der dänischen Sicherheitsbehörde. Medien berichten, dass der Name des Mannes Omar Abdel Hamid sei.
Er war nach Informationen des dänischen Rundfunks erst vor wenigen Wochen aus dem Gefängnis entlassen worden. Der 22-Jährige hatte laut "Danmarks Radio" im November 2013 einen Messerangriff in einer S-Bahn verübt. Er soll dafür im Dezember 2014 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, aber im Januar dieses Jahres schon wieder entlassen worden sein, weil er so lange in Untersuchungshaft gesessen hatte. Die Polizei bestätigte die Informationen zunächst nicht.
Schütze war wütend auf Israel
Das dänische Fernsehen fragte den ehemaligen Schulleiter des Täters: "Er war ein sehr fleißiger und begabter Schüler, der sich rein fachlich gut geschlagen hat", sagte Peter Zinkernagel. Er leitet das Zentrum für Erwachsenenbildung, das der 22-Jährige vor den Angriffen besucht hatte. Nach Informationen des Senders war er aber nach dem Messerangriff 2013 aus der Schule geworfen worden. In der Schule habe sich der junge Mann meist an seine muslimischen Klassenkameraden gehalten, erzählte ein ehemaliger Mitschüler.
Medienberichten zufolge hat sich Sohn palästinensischer Eltern mehrfach sehr wütend über Israel geäußert. Der in Dänemark geborene 22-Jährige habe Palästina als zweite Heimat betrachtet und sich sehr für die Palästinenser engagiert, berichtete die dänische Zeitung "Politiken" am Montag unter Berufung auf Mitschüler des Mannes, der eine Erwachsenenbildung absolviert hatte.
Mehrere Festnahmen in Internetcafé
Bei den Ermittlungen hat die Polizei laut Medienberichten am Sonntag auch ein Internetcafé durchsucht. Dem dänischen Fernsehen zufolge gab es dabei Festnahmen. Das Café liege im Stadtteil Nørrebro, in dem der Attentäter am frühen Sonntagmorgen erschossen wurden. Der genaue Hintergrund des Polizeieinsatzes in dem Internetcafé blieb zunächst allerdings unklar.
„Es ist ein unendlich trauriger Morgen, an dem jeder an die Opfer und deren Angehörigen denkt. Zwei unschuldige Menschen haben ihre Leben verloren, durch einen kaltblütigen Akt des Terrors gegen Dänemark“, sagte die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt am Sonntag. „Niemand darf entkommen, der die offene, freie und demokratische dänische Gesellschaft angreift“, sagte sie. (mit dpa)