Hamburg. . Die Hamburger wählen am Sonntag eine neue Bürgerschaft. Bisher hat die Hansestadt eine SPD-Alleinregierung unter Bürgermeister Scholz.
Wer als Tourist in diesen Wochen nach Hamburg kam, der wunderte sich: Zwischen den herkömmlichen Plakaten, die für die Bürgerschaftswahl am 15. Februar werben, war eines, auf dem ein Mann mit halbem Kopf und den Worten „Hamburg weiter vorn“ zu sehen war. Sonst nichts, nicht einmal der Name einer Partei.
Dieses Plakat sagt eigentlich alles über die erste Landtagswahl in diesem Jahr, sie sagt vor allem etwas über die Überlegenheit des Bürgermeisters. Olaf Scholz kann es sich leisten, sich den Hamburgern nur von der Nasenspitze abwärts zu präsentieren – so groß ist seine Bekannt- und Beliebtheit. Wenn die Hanseaten den Bürgermeister direkt wählen könnten, würden sich nach den jüngsten Umfragen fast 70 Prozent für den Amtsinhaber entscheiden.
CDU-Herausforderer Dietrich Wersich, immerhin ein ehemaliger Senator, käme gerade auf elf Prozent. Überhaupt erreicht Scholz Werte wie sonst nur, wenn überhaupt, die Kanzlerin. Seine SPD hat Chancen, die Alleinregierung fortzusetzen, Umfragen sahen sie zuletzt bei 45 Prozent, aus dem Umfeld des Bürgermeisters ist zu hören, dass „er sich noch ein paar Prozentpunkte mehr zutraut“.
Demnächst Rot-Grün im Rathaus?
Scholz will zu gern mit seinem Senat weitermachen, einer Regierung, an der er in vier Jahren nichts verändert hat. Und an der er auch nichts verändern will: „Never change a winning team“, sagt Scholz, und auf die Frage, was er macht, wenn es zur absoluten Mehrheit diesmal nicht reicht: „Dann rede ich mit den Grünen.“
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Das klingt für etliche Hamburger wie eine Drohung und ärgert die andere Politikerin, die bundesweit für Aufsehen sorgt. Katja Suding, Spitzenkandidatin der FDP, startete mit zwei Prozent in den Wahlkampf. Dann kam ein Kameraschwenk über ihre Beine in der „Tagesschau“, die Entschuldigung des zuständigen Chefredakteurs und eine auffällige Werbe- und Plakatkampagne in Hamburg. Inzwischen sehen die Umfragen Sudings FDP stabil über fünf Prozent und ihr Bundesvorsitzender Christian Lindner, für den sie sich in der „Gala“ als „Engel für Charlie“ ablichten ließ, ist fast so oft in der Hansestadt wie in Berlin. Das Projekt Auferstehung scheint den Liberalen hier endlich zu gelingen.
AfD vor dem Sprung ins Parlament
Überhaupt sind es eher die kleinen Parteien, die für Spannung im Wahlkampf sorgen: Neben der FDP vor allem die AfD, die hoffen darf, zum ersten Mal den Sprung in ein westdeutsches Parlament zu schaffen – und die davon profitiert, dass selbst das reiche Hamburg Probleme mit der Unterbringung von Flüchtlingen hat.
Ansonsten gibt es im Norden kaum echte Wahlkampfthemen, zu konsequent hat Scholz seine Wahlversprechen umgesetzt: Kita- und Studiengebühren wurden abgeschafft, der Bau der Elbphilharmonie geht in die Endphase, pro Jahr werden mehr als 6000 neue Wohnungen gebaut, die Mieten steigen deshalb nicht mehr ganz so stark. Und wenn doch noch irgendwo ein Problem auftauchte, räumte es der Senat, notfalls mit viel Geld, konsequent ab. Was sogar die Wirtschaft beeindruckte: Zwei Spitzenverbände fordern inzwischen, dass die SPD allein weiter regieren soll. Und das ist selbst im liberalen Hamburg etwas Ungewöhnliches.