Amman/Kairo. . Nach der Ermordung des Piloten durch IS-Extremisten steht das Königreich vor der Zerreißprobe. Der Druck wächst, die Anti-Terror-Allianz zu beenden.

Jordaniens König Abdullah II. war gerade in der amerikanischen Hauptstadt, als ihn die Bilder von dem abscheulichen IS-Video erreichten, auf dem der gefangene F-16-Pilot Muas al-Kasasba in oranger Guantánamo-Kleidung bei lebendigem Leib angezündet und verbrannt wird.

„Mit Wut und Trauer haben wir die Nachricht vernommen, dass der Pilot und Held Muas al-Kasasba von der Terrororganisation IS getötet wurde – von der feigen, fehlgeleiteten Verbrecherbande, die nichts mit unserer Religion zu tun hat“, erklärte der sichtlich bewegte Monarch noch von Washington aus im heimischen Staatsfernsehen, bevor er seinen US-Besuch abbrach und nach Hause zurückflog.

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Erste Vergeltung

Keine zwölf Stunden später ließ er als erste Vergeltung zwei verurteilte Extremisten hinrichten, die verhinderte Selbstmordattentäterin Sadschida al-Ridschawi und das Al Kaida-Mitglied Siad al-Karbuli. In Amman und Kerak, der Heimat des 26-jährigen Offiziers, kam es zu spontanen Protesten gegen die mörderischen Fanatiker, aber auch gegen die eigene Regierung.

Und so können weder die martialische offizielle Rhetorik noch die Sprechchöre auf den Straßen verdecken – der Schock sitzt tief in Jordanien und der Druck wächst, aus der Anti-IS-Koalition auszuscheiden. Neben den USA, Frankreich und Großbritannien beteiligten sich bislang auch Saudi-Arabien, die Emirate und Bahrain an den Luftangriffen gegen die blutrünstige Terrormiliz.

Risse in der Koalition

Doch mittlerweile zeigt die fragile regionale Kriegskoalition erste Risse. Die Saudis fliegen nur noch wenige symbolische Einsätze. Die Emirate, die sich anfangs mit einer Bomberpilotin brüsteten, stiegen sogar ganz aus, wie die „New York Times“ gestern berichtet. Bereits kurz nach der Gefangennahme des Jordaniers am 24. Dezember beorderten die Vereinigten Arabischen Emirate alle F-16-Jets zurück aus Angst um seine Piloten.

Auch in Jordanien billigen längst nicht alle der acht Millionen Einwohner den Kriegskurs ihres Monarchen. Der Twitter-Hashtag „#Dieser Krieg ist nicht unser Krieg“ ist extrem populär. Jordanien ächzt unter der Last von mehr als einer Million syrischer Flüchtlinge. Bei einem Teil der jordanischen Bevölkerung genießt der „Islamische Staat“ zudem Sympathie und Zustimmung.

Anhänger kommen oft aus Armenvierteln

Die Anhänger kommen meist aus den Armenvierteln der Städte, wo salafistische Prediger und Muslimbrüder das ideologische Monopol haben. 2000 bis 2500 Jordanier kämpfen in Syrien und Irak in den Reihen der Extremisten – nach Tunesien und Saudi-Arabien das drittgrößte arabische Ausländerkontingent. Videos von jordanischen Dschihadisten, die ihre Pässe zerreißen und König Abdullah II. mit dem Tode drohen, zirkulieren seit Monaten im Internet.

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Die stärkste Bastion radikaler Kräfte in Jordanien ist Maan, 200 Kilometer südlich von Amman. Die Stadt ist seit 20 Jahren ein Unruheherd. Ihre Arbeitslosigkeit liegt bei über 20 Prozent, die Armutsrate bei etwa 25 Prozent – und ist die höchste im Land. Mehrmals in den letzten zwölf Monaten, zuletzt im Oktober, kam es zu islamistischen Aufmärschen, bei denen Teilnehmer auch die schwarzen Fahnen des „Islamischen Staates“ schwenkten.

Deren Propagandisten bejubelten auch die unruhige Islamistenhochburg in einer Serie von Internetbotschaften und priesen Maan als das „Falludscha Jordaniens“. Falludscha in der sunnitischen Anbar-Provinz hatte der „Islamische Staat“ im Januar 2014 als erste Stadt im Irak erobert. Damit legten seine Krieger das Fundament für die große Offensive im letzten Sommer, durch die ihnen am Ende 40 Prozent des irakischen Staatsterritoriums in die Hände fiel.