Kairo. Mit der Verbrennung einer ihrer Geiseln setzt die Terrormiliz IS ihre “Horror Show“ fort. Die Dschihadisten inszenieren sich brutal wie noch nie.
Die Schlächter stehen in der Ruine wie Statisten in einem post-apokalyptischen Hollywood-Film. Ein Mann im orangen Overall tritt in ihre Mitte und schaut sich um, Spuren von Folter zeichnen sein Gesicht. Es handelt sich um Muas al-Kasasba, einen jordanischen Piloten, der im Auftrag der Anti-IS-Allianz Luftangriffe auf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) flog. Er wurde vor sechs Wochen vom IS bei der nordsyrischen Stadt Al-Rakka gefangen genommen und ist nun die Hauptperson im jüngsten Tötungsvideo der Miliz. Eilige Zwischenschnitte sollen suggerieren, dass Al-Kasasba inmitten einer Ruine steht, die durch einen Luftangriffe der Allianz zusammenstürzte und mehrere Menschen begrub.
Das IS-Video ist choreografiert wie Popcorn-Kino - aber es zeigt eine Menschenverachtung, die die bisherigen Enthauptungsvideos des IS übertrifft. Al-Kasasba muss einen Eisenkäfig betreten. Ein Henker entzündet eine Fackel und führt sie in Zeitlupe zum Boden. Eine Flammenspur eilt auf den Käfig zu. Als das Feuer den Piloten umschließt, zappelt er vor Schmerz, sinkt später in die Hocke, es wirkt, als ob er beten würde, dann kippt sein toter Körper um. Der IS zeigt den kompletten Todeskampf.
Der selbst ernannte "Kalifat" in Syrien und im Irak bröckelt
Mit dem seit Dienstagabend im Internet kursierenden 22-minütigen Film haben die Dschihadisten ihr Horrorkabinett um eine Hinrichtungsart erweitert. Bisher wurden Frauen gesteinigt, vermeintlich Schwule von Hochhäusern gestürzt und Gegner mit Fleischermessern enthauptet. Nun die Verbrennung.
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Wie all seine Morde, versucht der IS auch diesen mit Jahrhunderte alten Aussprüchen von Gelehrten zu rechtfertigen. So sei der Dschihad rechtes Mittel gegen die "Aggression" Ungläubiger. Al-Kasasba, selbst ein Muslim, musste dafür sterben, dass er Luftangriffe gegen die Islamisten flog. Doch die "Strafe" lässt sich in keinem theologischen Text finden. Gelehrte der von Millionen Muslimen auf aller Welt geachteten Azhar-Universität in Kairo verurteilten die Tat am Mittwoch als "teuflisch", nichts erlaube eine solche Barbarei.
Dass der IS die Regeln der Religion ignoriert, in deren Namen er eigentlich kämpft, hat seine Gründe. Das selbst ernannte "Kalifat" in Syrien und im Irak bröckelt. Erzfeind Al-Kaida gewann nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris wieder an Ansehen in der Dschihad-Szene. Und laut des US-Sicherheitsberaters Soufan Group schwinden dem IS die Möglichkeiten, westliche Geiseln zu entführen: Seit Reisen in die Region immer gefährlicher werden, habe der IS "weniger Wege, um seinen 'Wir gegen die'-Kampf zu befeuern".
Leiche des jordanischen Piloten geschändet
Das immer schärfere Drehen an der Gewaltspirale ist der krampfhafte Wunsch nach Aufmerksamkeit. Einerseits sind die Videos eine Art "Horror Show" für die eigenen Anhänger - schaut her, wir tun, wovon Al-Kaida nur spricht. Andererseits sind sie ein an den Westen gerichteter Schrecken, der immer wieder der Erneuerung und Verschärfung bedarf. Dabei wollen die Dschihadisten ihr "Kalifat" als gleichwertiges Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft verstanden wissen.
In dem Video, das den Tod Al-Kasasbas zeigt, blenden die Islamisten immer wieder Szenen ein, in denen sie Kampfgefährten aus staubigen Trümmerhaufen ziehen oder verkohlte Kinderleichen bergen. Die Leiche des jordanischen Piloten schänden sie daher auf gleiche Weise: Als der verkohlte Körper am Boden liegt, kippt ein Bagger eine Ladung Schutt über ihm aus. Es ist die verachtende Art des IS zu sagen: Gleiches mit Gleichem. (dpa)