Dortmund/Unna. . „Mich interessiert Auschwitz nicht. Massentierhaltung berührt mich mehr“: Ein Dortmunder Lehrer löst mit rechtsextremen Äußerungen eine Diskussion aus über Meinungsfreiheit bei Beamten.

Schon vor zwei Jahren wurde der Dortmunder Gymnasiallehrer Daniel K. vorübergehend vom Dienst suspendiert, weil er bei einer Demonstration der rechtspopulistischen Partei Pro NRW als Gastredner aufgetreten war – nun sorgt der Mann mit einem Telefon-Beitrag zum Thema Auschwitz-Gedenken erneut für Empörung.

"Mich interessiert Auschwitz überhaupt nicht. Emotional berührt mich Massentierhaltung viel mehr. Sechs Millionen Tiere sterben alle 20 Minuten“, erklärte K., der inzwischen wieder als Lehrer für Politik und Deutsch arbeitet, in einem Hörer-Beitrag in der WDR-Radiosendung "Tagesgespräch" zum Jahrestag der Auschwitz-Befreiung.

Die Bezirksregierung Arnsberg bat den Lehrer, der sich – weil ,,bekennend homosexuell“ – als „klassisches Opfer des Nationalsozialismus“ vorstellte, um eine schriftliche Stellungnahme zu dem Vorgang.

Recht auf freie Meinungsäußerung

„Das, was Herr K. am Dienstag öffentlich erklärt hat, missbilligen wir eindeutig. Es ist einfach nur geschmacklos“, erklärte Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung, im Gespräch mit unserer Redaktion.

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Seine Teilnahme an der Pro NRW-Kundgebung gegen eine Veranstaltung der Salafisten habe zwar zur Suspendierung geführt, „doch dagegen klagte er über zwei Instanzen. Mit Erfolg“. Das Verwaltungsgericht Münster gestand dem beamteten Lehrer das Recht auf freie Meinungsäußerung zu. Daher musste K. wieder beschäftigt werden. Seit vergangenem Jahr arbeitet der Pädagoge an einem Weiterbildungs-Kolleg im Kreis Unna.

„Natürlich akzeptieren wir seine Äußerungen nicht, aber wir müssen die gerichtliche Entscheidung als Faktum akzeptieren“, heißt es seitens der Bezirksregierung. Wichtig sei, dass er seine Äußerungen, bei denen Auschwitz in Massentierhaltung mündet, nicht vor Schülern im Unterricht mache.

Auschwitz - Todesfabrik der Nazis

Die Rampe von Auschwitz-Birkenau: Symbol für die Todesfabrik, die die Nationalsozialisten hier aufgebaut haben. Am 27. Januar 1945...
Die Rampe von Auschwitz-Birkenau: Symbol für die Todesfabrik, die die Nationalsozialisten hier aufgebaut haben. Am 27. Januar 1945... © Wiener Library/Handout/Archiv
... befreiten Soldaten der Roten Armee dort die letzten Gefangenen. Nur 7000 Menschen...
... befreiten Soldaten der Roten Armee dort die letzten Gefangenen. Nur 7000 Menschen... © imago stock&people
... konnten das Lager lebend verlassen.
... konnten das Lager lebend verlassen. © imago stock&people
Anfangs ein Konzentrationslager für polnische politische Gefangene, wurde Auschwitz zu einem weltweiten Symbol für den nationalsozialistischen Judenmord. Die Nationalsozialisten...
Anfangs ein Konzentrationslager für polnische politische Gefangene, wurde Auschwitz zu einem weltweiten Symbol für den nationalsozialistischen Judenmord. Die Nationalsozialisten... © dpa
... richteten das Lager auf Befehl von SS-Reichsführer Heinrich Himmler (undatiertes Foto) im Sommer 1940 am Rande des besetzten polnischen Städtchens Oswiecim auf einem ehemaligen Kasernengelände ein. Das Lagertor...
... richteten das Lager auf Befehl von SS-Reichsführer Heinrich Himmler (undatiertes Foto) im Sommer 1940 am Rande des besetzten polnischen Städtchens Oswiecim auf einem ehemaligen Kasernengelände ein. Das Lagertor... © picture-alliance/ dpa
... mit der zynischen Aufschrift
... mit der zynischen Aufschrift "Arbeit macht frei" mussten Häftlinge schmieden. Als die Nazi-Pläne zur Vernichtung der europäischen Juden Gestalt annahmen,... © Getty Images
... wurde etwa drei Kilometer von Auschwitz entfernt das Lager Birkenau gebaut.
... wurde etwa drei Kilometer von Auschwitz entfernt das Lager Birkenau gebaut. © dpa
Züge aus ganz Europa rollten zu der so genannten
Züge aus ganz Europa rollten zu der so genannten "Judenrampe",... © picture alliance / dpa
... an der die Neuankömmlinge von der SS
... an der die Neuankömmlinge von der SS "selektiert" wurden. Wer noch stark genug für Zwangsarbeit in einem der umliegenden deutschen Industriebetriebe war, hatte eine Chance, zumindest Wochen oder Monate zu überleben. © Getty Images
Das undatierte Archivbild zeigt das Konzentrationslager der IG-Farben in Auschwitz-Monowitz, in dem mindestens 30.000 Zwangsarbeiter getötet worden sind. Die IG-Farben-Gesellschaft Degesch produzierte dort das berüchtigte Gift
Das undatierte Archivbild zeigt das Konzentrationslager der IG-Farben in Auschwitz-Monowitz, in dem mindestens 30.000 Zwangsarbeiter getötet worden sind. Die IG-Farben-Gesellschaft Degesch produzierte dort das berüchtigte Gift "Zyklon-B" für die Vernichtungs-Gaskammern. © picture-alliance / dpa
Doch Tausende wurden Tag für Tag direkt von der Rampe in die Gaskammern von Birkenau - und damit in den Tod - geschickt. Die genaue Zahl der Opfer kann nur geschätzt werden. Wissenschaftler...
Doch Tausende wurden Tag für Tag direkt von der Rampe in die Gaskammern von Birkenau - und damit in den Tod - geschickt. Die genaue Zahl der Opfer kann nur geschätzt werden. Wissenschaftler... © Getty Images
... gehen von mindestens 1,3 Millionen in Auschwitz-Birkenau ermordeten Menschen aus. Mindestens 1,1 Millionen von ihnen waren Juden.
... gehen von mindestens 1,3 Millionen in Auschwitz-Birkenau ermordeten Menschen aus. Mindestens 1,1 Millionen von ihnen waren Juden. © Getty Images
Aber auch Zehntausende Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene und politische Häftlinge starben in Auschwitz.
Aber auch Zehntausende Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene und politische Häftlinge starben in Auschwitz. © Getty Images
Vom Ausmaß des industrialisierten Massenmords zeugt bis heute die Ausstellung dessen, was den Häftlingen in Auschwitz abgenommen wurde: Unzählige Brillen,...
Vom Ausmaß des industrialisierten Massenmords zeugt bis heute die Ausstellung dessen, was den Häftlingen in Auschwitz abgenommen wurde: Unzählige Brillen,... © Getty Images
... Schuhe,...
... Schuhe,... © Getty Images
... Bürsten,...
... Bürsten,... © Getty Images
... Taschen...
... Taschen... © Getty Images
... und Geschirr...
... und Geschirr... © Getty Images
... sowie Prothesen sind in der Gedenkstätte in Oswiecim aufbewahrt - als erschütterndes Mahnmal.
... sowie Prothesen sind in der Gedenkstätte in Oswiecim aufbewahrt - als erschütterndes Mahnmal. © Getty Images
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"Bitte nicht denken, ich sei rechts"

Der Pädagoge selbst beschreibt sich auf Facebook so: „starke Empathie für linksprogressive Befreiungsbewegungen z.B. gegen Religion, Sexismus, Tierausbeutung und Faschismus; in letzter Zeit engagiere ich mich auch stark gegen Salafismus/Islamismus – bitte deshalb nicht denken, ich sei rechts!“

Im "Tagesgespräch" sagte er: „Auschwitz hindert uns daran, wachsam zu sein. (...) Juden haben Angst vor radikalen Muslimen, deren Antisemitismus ist viel größer als jeder andere Antisemitismus in Deutschland. Aber das wird nicht thematisiert“ und ,,radikale Muslime bedrohen unsere Werte“.

Gedenken an Opfer des Holocaust

27. Januar 1945 – die Sowjettruppen befreien das Konzentrationslager Auschwitz in Polen. 2015 jährt sich die Befreiung zum 70. Mal.
27. Januar 1945 – die Sowjettruppen befreien das Konzentrationslager Auschwitz in Polen. 2015 jährt sich die Befreiung zum 70. Mal. © Getty Images
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) aus Krakau...
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) aus Krakau... © Getty Images
...durch das Lager I. Am Holocaust-Gedenktag am Dienstag...
...durch das Lager I. Am Holocaust-Gedenktag am Dienstag... © Getty Images
...werden mit Igor Malicky auch viele Staatschefs, Ehrengäste und...
...werden mit Igor Malicky auch viele Staatschefs, Ehrengäste und... © Getty Images
...und rund 300 Überlebende in Auschwitz zusammenkommen – wie     Alina Dombrowska (91). Sie verbrachte als 19-Jährige...
...und rund 300 Überlebende in Auschwitz zusammenkommen – wie Alina Dombrowska (91). Sie verbrachte als 19-Jährige... © Getty Images
...anderthalb Jahre als politischer Häftling im Lager.
...anderthalb Jahre als politischer Häftling im Lager. © Getty Images
Heute ist Auschwitz im polnischen Oswiecim eine Gedenkstätte mit  Museum.
Heute ist Auschwitz im polnischen Oswiecim eine Gedenkstätte mit Museum. © Getty Images
Zwei Tage vor dem Holocaust-Gedenktag besuchte eine Gruppe orthodoxer Juden aus London das ehemalige KZ.
Zwei Tage vor dem Holocaust-Gedenktag besuchte eine Gruppe orthodoxer Juden aus London das ehemalige KZ. © Getty Images
Auch am Tor vor der Gedenkstätte Sachsenhausen im brandenburgischen Oranienburg erinnern Rosen an die Opfer des Holocaust.
Auch am Tor vor der Gedenkstätte Sachsenhausen im brandenburgischen Oranienburg erinnern Rosen an die Opfer des Holocaust. © dpa
Auch NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) besuchte das ehemalige Konzentrationslager.
Auch NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) besuchte das ehemalige Konzentrationslager. © dpa
Dort unterhielt sie sich mit deutschen Schülern sowie dem 90-Jährigen KZ-Überlebenden Igor Malicky.
Dort unterhielt sie sich mit deutschen Schülern sowie dem 90-Jährigen KZ-Überlebenden Igor Malicky. © dpa
Dort unterhielt sie sich mit deutschen Schülern sowie dem 90-Jährigen KZ-Überlebenden Igor Malicky.
Dort unterhielt sie sich mit deutschen Schülern sowie dem 90-Jährigen KZ-Überlebenden Igor Malicky. © dpa
In Amsterdam legen Bürgermeister Eberhard van der Laan (2.v.l.), Rabbi Menno ten Brink (3.v.l.) und Premierminister Lodewijk Asscher...
In Amsterdam legen Bürgermeister Eberhard van der Laan (2.v.l.), Rabbi Menno ten Brink (3.v.l.) und Premierminister Lodewijk Asscher... © dpa
... im Wertheimpark einen Kranz für die Opfer der Nazi-Diktatur nieder.
... im Wertheimpark einen Kranz für die Opfer der Nazi-Diktatur nieder. © dpa
Unter den Teilnehmern des Schweigemarschs in Amsterdam sind auch viele orthodoxe Juden.
Unter den Teilnehmern des Schweigemarschs in Amsterdam sind auch viele orthodoxe Juden. © imago/Xinhua
Bei einer Gedenkmatinee der Bochumer Literaten zum 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gibt Stadtarchiv-Leiterin Dr. Ingrid Wölk einen historischen Abriss über das KZ.
Bei einer Gedenkmatinee der Bochumer Literaten zum 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz gibt Stadtarchiv-Leiterin Dr. Ingrid Wölk einen historischen Abriss über das KZ. © Ingo Otto / FUNKE Foto Services
Neben unzähligen weiteren Gedenkveranstaltungen auf der ganzen Welt  gaben sogar in Yangon/Myanmar drei Musiker aus Deutschland, Israel und Polen ein Konzert zum Gedenken an die Opfer.
Neben unzähligen weiteren Gedenkveranstaltungen auf der ganzen Welt gaben sogar in Yangon/Myanmar drei Musiker aus Deutschland, Israel und Polen ein Konzert zum Gedenken an die Opfer. © dpa
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände.
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände. © Getty Images
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände.
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände. © Getty Images
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände.
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände. © Getty Images
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände.
Im ehemaligen KZ Auschwitz führt Holocaust-Überlebender Igor Malicky (90) kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreeiung des Lagers eine Schülergruppe über das Gelände. © Getty Images
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015.
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015. © Getty Images
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015.
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015. © Getty Images
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015.
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015. © Getty Images
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015.
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015. © Getty Images
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015.
Besucher im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Oswiecim/Polen einen Tag vor dem Holocaust-Gedanktag am 27. Januar 2015. © Getty Images
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Die Schule, in der K. unterrichtet, wollte sich nicht zu der Frage äußern, wie sie garantieren kann, dass K. seine Haltung nicht im Unterricht weitergibt. K.’s Auftritt im Radio war jedenfalls deutlich: Dort sagte er: ,,Auschwitz hat mich schon als Kind wenig emotional berührt“ und ,,Uns reicht es, wir kriegen das so oft dahergebraten. Jetzt müssen wir (die Schüler, Anm. der Red.) schon wieder eine Gedenkstätte besuchen“.

Die Radiomoderatorin konnte Anrufer K. jedenfalls nicht bändigen. Sie wirkte eher hilflos. Ihr Einwand: „Das ist mir jetzt etwas krass“, verhallte. Lehrer Daniel K. hatte auch darauf eine Antwort parat: ,,Ja, das ist Ihre Wertung.“