Essen/Düsseldorf. . Trotz millionenschwerer Buchverluste will Rot-Grün Fremdwährungskredite auch künftig nicht verbieten. Kämmerer sind in Sorge. Aber Dortmund frohlockt.

Trotz millionenschwerer Buchungsverluste der NRW-Kommunen durch die überraschende Aufwertung des Schweizer Franken will die rot-grüne Landesregierung Fremdwährungskredite auch künftig nicht verbieten. „Im Prinzip ist es in Ordnung, wenn Kommunen in der richtigen Risikomischung und mit entsprechender Absicherung Fremdwährungskredite aufnehmen“, erklärte die zuständige Abteilung des Innenministeriums am Freitag im Landtag.

Die Auswahl der Finanzierungsmodelle und die entsprechende Risikostreuung müssten auch weiterhin Sache der kommunalen Selbstverwaltung bleiben, ergänzte Innenminister Ralf Jäger (SPD).

Ermahnung an die Stadtkämmerer

Zugleich warnte er vor einer Dramatisierung der aktuellen Buchungsverluste durch die Aufwertung des Schweizer Franken. „Erst wenn Kredite fällig werden, entscheidet sich, ob Verluste für die Kommunen eingetreten sind“, so Jäger. Bochums Kämmerer Manfred Busch hatte gegenüber unserer Redaktion allerdings bereits eingeräumt, dass Realverluste am Ende unausweichlich seien.

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Das Innenministerium ermahnte unterdessen die Stadtkämmerer, einen Krediterlass der Landesregierung zur Risikoabschätzung und -vorsorge künftig ernster zu nehmen: „Wenn sich alle Kommunen an den Krediterlass gehalten hätten, wären die Probleme geringer als sie sind“, erklärte ein ranghoher Beamter.

Mit 1,4 Milliarden in der Kreide

Nach Angaben des Innenministeriums haben die NRW-Kommunen zurzeit insgesamt 1,4 Milliarden Euro an Fremdwährungskrediten aufgenommen, den größten Teil davon in Franken. Der Steuerzahlerbund NRW war bei seiner Berechnung unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Landesamtes auf eine Größenordnung von 1,9 Milliarden Euro gekommen.

Durch die Aufwertungsentscheidung der Schweizer Notenbank gegenüber dem Euro haben vor allem klamme Revierstädte wie Essen, Bochum oder Gelsenkirchen Bilanzverluste von insgesamt mehreren Hundert Millionen Euro erlitten. Allein in Bochum bilanzieren sich die Verluste durch die Frankenabwertung inzwischen auf rund 70 Millionen Euro. Das Ziel, durch die ursprünglich günstigeren Zinskonditionen in der Schweiz die städtischen Etat zu entlasten, wurde deutlich verfehlt.

Kämmerer befürchten Verschlechterung der Lage

Da die Europäische Zentralbank weitere 1,14 Billionen Euro in den Markt pumpt, befürchten viele Kämmerer, dass sich die für sie ungünstige Franken-Aufwertung eher noch weiter verschärfen könnte. Bochum hatte 2010 Kredite in Höhe von 220 Millionen Franken aufgenommen – zum damaligen Wechselkurs von 1,47 Franken je Euro. Gestern notierte der Euro knapp unter einem Franken.

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Die CDU-Opposition im Landtag warf der Landesregierung vor, die „Franken-Krise“ der NRW-Kommunen zu verniedlichen. „Fremdwährungskredite sind vollständig zu untersagen“, forderte Kommunalexperte André Kuper.

Nicht alle Städte haben sich übrigens in Versuchung führen lassen, zur Abmilderung ihrer Haushaltsmisere auf Schweizer Minizinsen zu spekulieren. Tief durch atmet man zum Beispiel derzeit in Dortmund. Die hoch verschuldete Stadt hatte bereits 2002 beschlossen, den Einsatz von Fremdwährungskrediten als Instrument des Zinsmanagements strikt auszuschließen. In diesen Tagen zeige sich, dass das genau die richtige Entscheidung gewesen sei, hieß es jetzt dazu aus dem Dortmunder Rathaus. Der aktuelle Fall belege, dass die Finanzjonglage der Kommunen ihre Grenzen habe.