Essen. . Rechte Hooligans mischen bei Pegida mit und erobern Stadien-Fanblöcke. Jetzt urteilt der BGH: Die Gruppen können als kriminelle Vereinigungen gelten.

Die Justiz erhöht den Druck auf die wachsende Hooligan-Szene. Sie können als kriminelle Vereinigungen gelten, wie der Bundesgerichtshof urteilte. Experten begrüßen dies. Sie beobachten mit Sorge, dass Hooligans immer radikaler werden und enge Kontakte zu Rechtsextremen pflegen.

250 aggressive Vertreter der Gruppe „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) zählte die Polizei in Duisburg unter den 600 Teilnehmern des Pegida-Ablegers „Duigida“. Auch die Organisatoren des Leipziger „Legida“-Marsches am Mittwoch sollen enge Kontakte zu „HoGeSa“ unterhalten. Die neue Allianz zwischen gewaltbereiten Hooligans, der rechten Szene und der Pegida-Bewegung dürfte die Sicherheitsbehörden in NRW noch länger beschäftigen. „Die Gefahr, dass eine neue Stufe der Eskalation erreicht wird, besteht“, sagte der Soziologe Gunter A. Pilz der WAZ.

Hooligans im Stadion radikalisieren sich politisch

Gleichzeitig beobachten Experten, dass sich Hooligans auf den Fußball-Fantribünen politisch radikalisieren und zunehmend extrem rechtes Gedankengut verbreiten. „Dieser Trend zeichnet sich bei vielen Vereinen der drei Profiligen ab“, sagt Claudia Luzar, die in NRW Opfer rechter Gewalt beraten hat. „Eigentlich“, so Luzar, „waren Hooligans früher unpolitisch.“ Inzwischen gebe es aber Strömungen, die sich politisch nach rechts oder links orientierten.

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„Es gibt eine neue Generation von Hools“, berichtet Christina Franke von der Schalker Fan-Initiative, die Ende Oktober bei der HoGeSa-Demo in Köln vor Ort war. Dort hörte sie von Hooligans Parolen wie „Ausländer raus“ oder „Frei, sozial und national“.

Die Politisierung auf den Tribünen führt dazu, dass sich die Anhänger desselben Vereins gegenseitig bekämpfen. So geschehen in Duisburg: Die eher links eingestellte Ultra-Gruppierung „Kohorte“ wurde Ende 2013 nach einem Drittligaspiel von der rechten Hooligan-Formation „Division“ überfallen. Kein Einzelfall. Die antirassistische Düsseldorfer Ultra-Gruppierung „Dissidenti“ prügelte sich während eines Auswärtsspiels in Frankfurt im Fanblock mit den Düsseldorfer Hooligans der „Bushwackers“. Diese hatten zuvor eine Fahne der rechten spanischen Fangruppe „Frente Atletico” gehisst. Bei einem Auswärtsspiel in Bochum flüchteten Vertreter der „Dissidenti“ gar vor dem Schlusspfiff, nachdem Hooligans sie massiv bedroht und sogar in einen anderen Block verfolgt hatten.

Rechte und linke Fans bekämpfen sich

Wohin diese Konflikte führen können, wurde in Aachen sichtbar. Die Ultras lösten sich 2013 frustriert auf, nachdem sie über Monate von der rechten „Karlsbande“ gejagt und angegriffen wurde. Jetzt geben bei der Alemannia die Rechten in der Kurve den Ton an.

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„Ob sich die Rechten in der Hooligan-Szene festsetzen, hängt von der Reaktion der übrigen Fans und dem Engagement der Vereine ab“, glaubt Claudia Luzar. „Manche Vereine sind spät aufgewacht, doch die meisten sind mit ihren Fan-Projekten auf einem guten Weg“, urteilt Fanforscher Pilz. Er glaubt nicht an einen dauerhaften Erfolg der Rechten oder eine neue Hochphase des Hooliganismus, wie es sie vor knapp 30 Jahren gegeben hat. Auch nicht auf den Straßen: „HoGeSa ist bald Vergangenheit, mit der Bewegung geht es abwärts“, sagt Pilz. Ein Indikator: Die Gruppe habe sich bereits gespalten.

Borussia Dortmund und Schalke 04 kämpfen gegen Rechts

Ein Verein, der in der Vergangenheit immer wieder mit rechtsextremen Fans zu tun hatte, ist Borussia Dortmund. Doch seit zwei Jahren sei ein positiver Trend zu verzeichnen, meint Torsten Schild von der Dortmunder Fanabteilung. „Es gibt weniger Vorfälle, die Fans sind sensibilisiert.“ So organisierte Schild mit seinen Mitstreitern eine Fahrt nach Auschwitz und gab eine Broschüre über verbotene NS-Insignien heraus. Wer auf der Tribüne auffällig wird, bekommt Stadionverbot. Michael Brück, führender Kopf der Partei „Die Rechte“, wurde aus dem Verein ausgeschlossen.

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Zudem verbietet der BVB in seiner Stadionordnung Personen den Zutritt, die Kleidung der Neonazi-Marke „Thor Steinar“ tragen. Keinen Eintritt gibt es zudem für Anhänger von „HoGeSa“, genau wie bei Schalke 04 und dem MSV Duisburg. Rot-Weiß Essen und der VfL Bochum unterschrieben zwar kürzlich eine Erklärung gegen „HoGeSa“, haben aber bei weitem nicht so strenge Zutrittsregeln.

Gerade Schalke hatte in den frühen Neunzigern ein Problem mit rechten Fans, die im Parkstadion nicht zu übersehen waren. Irgendwann war der Punkt erreicht, an dem es Susanne Franke und ihren Mitstreitern zu viel wurde. „Wir wollten so etwas in unserem Fußballtempel nicht zulassen“, erinnert sich die 49-Jährige. 1992 gründeten sie die Fan-Initiative und vertrieben die Rechten mit Aufklärungskampagnen über szenetypische Kleidung und der Installation fester Ansprechpartner. Heute gilt Schalke als „nazifrei“. „Wenn jemand versucht, sich mit rechten Parolen einzuschleichen, machen ihm die Fans schnell klar, dass er besser wieder verschwindet“, erzählt Franke.