„Charlie Hebdo“ ausverkauft – Schwarzmarktpreise im Internet
•
Lesezeit: 3 Minuten
Paris/Essen. . Das erste Satire-Heft nach dem Anschlag ist bissig wie immer. Die Nachfrage ist riesig - es wird wild nachgedruckt - der Schwarzmarkt blüht.
„Charlie Hebdo“ wird zu einer Angelegenheit für Geschäftemacher. Auf Auktionsplattformen wie Ebay werden Exemplare der neuesten Ausgabe des französischen Satiremagazins mit Preisen bis zu 200 Euro gehandelt.
Gleichzeitig ist ein schwunghafter Handel mit T-Shirts, Tassen und Stickern mit der Aufschrift „Je suis Charlie“ angelaufen – jenem Slogan also, mit dem Menschen in aller Welt ihre Solidarität mit der Redaktion nach dem blutigen Anschlag bekundeten.
Die erste Ausgabe des Magazins nach dem Massaker mit rund einer Million Exemplaren war gestern in Frankreich binnen kurzer Zeit vergriffen. „Ich hatte 40 Exemplare, die waren in wenigen Minuten weg. Einige Kunden standen schon hier, als ich den Kiosk aufmachte“, so ein Zeitungsverkäufer an der Pariser Oper.
Verlag lässt Exemplare nachdrucken
Den vielen enttäuschten Lesern, die vergeblich die Kioske stürmten, winkt Trost. Es wird nachgedruckt was die Rotationsmaschinen hergeben. Nicht drei Millionen, wie ursprünglich vorgesehen, sondern fünf Millionen Exemplare will der Verlag auflegen und nachliefern.
Die Leser in Deutschland müssen noch auf den Verkaufsstart warten. Vertriebsexperten rechnen damit, dass die Kioske das Magazin erst am Samstag in der Auslage haben. Das Heft soll nach bisherigem Stand vier Euro kosten. „Wir werden für Deutschland im ersten Schritt unter 10 000 Exemplare bekommen“, hieß es aus Vertriebskreisen. Es ist davon auszugehen, dass vor allem Bahnhofs- und Flughafenbuchhandlungen bei der Belieferung zum Zuge kommen.
Auf den acht Doppelseiten finden sich zahlreiche Werke der vier ermordeten Karikaturisten Charb, Carbu, Wolinski und Tignous. Letzterer etwa fragt nach der Größe einer islamistischen Zelle. „9 Quadratmeter“, lautet die Antwort unter der Zeichnung eines Terroristen hinter Gittern.
Franzosen spenden drei Millionen Euro
Wie stets macht sich Charlie Hebdo über alles und jeden lustig, das Drama in den eigenen Reihen eingeschlossen. Luz alias Renald Luzier, aus dessen Feder auch das Cover mit dem weinenden Mohammed stammt, spießt sogar die Attentäter auf. „Wo sind die 70 Jungfrauen?“, erkundigen sich die beiden bei ihrer Ankunft im Paradies. „Bei der Truppe von Charlie, ihr Flaschen“, schallt es zurück.
Die finanziellen Probleme, in die „Charlie Hebdo“, wegen seiner sinkenden Auflage geraten war, gehören fürs erste der Vergangenheit an. Drei Millionen Euro haben die Franzosen gespendet, um das Magazin zu unterstützen. Weitere Finanzhilfe sagten Unternehmen wie Google sowie französische Zeitungsverlage zu, während die französische Regierung 1,2 Millionen Euro in Aussicht stellte.
Reaktionen der islamischen Welt
In islamisch regierten Staaten gab es die erwartbaren Reaktionen: Der Iran verurteilte den Titel mit der Karikatur des weinenden Propheten. "Das ist eine provokative Geste und für Muslime verletzend", sagte Außenamtssprecherin Marsieh Afcham in Teheran. Ein türkisches Gericht ordnete die Sperre von Internetseiten an, die das "Charlie Hebdo"-Titelbild mit einer Mohammad-Karikatur zeigen.
Ansturm auf "Charlie Hebdo"-Heft
1/20
Islamische Gelehrte der anerkannten Azhar-Universität in Kairo haben unterdessen Muslime in aller Welt dazu aufgerufen, die Mohammed-Karikaturen von "Charlie Hebdo" zu ignorieren. Gläubige sollten der "Versuchung des Hasses" widerstehen, verkündeten die Gelehrten in einer Erklärung. Dagegen hatte die ebenfalls hoch angesehene islamische Einrichtung Dar al-Ifta in Kairo - das Haus der islamischen Rechtsprechung - die Ausgabe als "ungerechtfertigte Provokation von 1,5 Milliarden Muslimen weltweit" kritisiert. Die Azhar-Universität verkündete hingegen im Kontrast dazu, "der Prophet ist zu groß, um durch solch anstößige Cartoons verletzt zu werden". Vergangene Woche hatten Azhar-Gelehrte den Anschlag in Paris als kriminelle und unislamische Tat verurteilt. (mit dpa)
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.