Essen.. Nach dem Attentat von Paris haben auch Händler den Slogan “Je Suis Charlie“ entdeckt. Geschäftemacherei? Anbieter wehren sich gegen Vorwürfe.
Für 3000 Euro stand am Dienstag das jüngste Heft der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" auf der französischen Seite der Onlineauktionsbörse Ebay zum Verkauf, einen Tag bevor es an diesem Mittwoch in Frankreich in den Handel gekommen ist. Es sei eine Rarität, mit der nach Erscheinen noch viel höhere Preise erzielt werden könnten, behauptet der Anbieter. Gut eine Woche nach dem brutalen Attentat auf die Redaktion von "Charlie Hebdo" in Paris mit zwölf Toten, wittern auch Geschäftemacher Chancen.
Der Slogan "Ich bin Charlie" ist dabei zum Merchandising-Objekt geworden, auch in Deutschland. Ein Geschäft mit dem Terror? Beim Deutschen Patent- und Markenamt in München liegen bereits erste Anmeldungen vor, den Slogan "Je Suis Charlie" markenrechtlich schützen zu lassen. Gelänge das, könnte die Nutzung des Slogans wirtschaftlich ausgenutzt werden. "Bei uns wird vor der Eintragung der Marke jede Anmeldung auf absolute Schutzhindernisse geprüft", sagt Behördensprecherin Petra Knüfermann. Zu den Schutzaussichten sagt sich nichts, es gebe jedoch "absolute Schutzhindernisse", wozu unter anderem ein "Verstoß gegen die guten Sitten" gehört oder "ersichtliche Irreführungsgefahr".
Einkaufstaschen mit "Je Suis Charlie"-Aufdruck
Manche nutzen den Slogan bereits, wie Christian Trebing vom Verlag Wort im Bild im Main-Kinzig-Kreis in Hessen. Er will "zur Bewusstseinbildung" beitragen. Deswegen hat das Unternehmen, das unter anderem auf einem Onlineshop überwiegend christlich geprägte Devotionalien anbietet, seit wenigen Tagen Einkaufsbeutel aus Baumwolle im Angebot, bedruckt mit dem Spruch "Je Suis Charlie". Preis: 3.95 Euro. Trebing sieht sie als "Solidaritätsartikel", auch in eigener Sache, sagt er: "Wir geben mehrere kleinere Lokalzeitungen in der Region heraus". Der Slogan sei "ein Zeichen für den Wert der Pressefreiheit und gegen islamistischen Terror". Wir glauben, sagt er, "dass die Taschen Diskussionen anregen", sagt Trebing. Das Angebot im Online-Show ist ergänzt durch eine längere Erklärung des Verlags.
"Geld verdienen tun wir mit den Taschen nicht", versichert Trebing zudem. Sein Haus sei ein "Non-Profit-Unternehmen", man mache nur Artikel, "die wir für wichtig halten". Eine Essener Kirchengemeinde habe jüngst 25 dieser "Je Suis Charlie"-Taschen bestellt. Weitere Objekte mit dem Slogan habe man im Blick, manche auch "weil Kunden uns danach gefragt haben": Postkarten, Aufkleber oder auch Kugelschreiber und Magnete. Reaktionen von Kunden zeigten aber auch, "wir machen uns damit nicht nur Freunde".
Dem Anschein der Geschäftemacherei tritt man auch bei "Spreadshirt" entgegen, weltweite "Kreativplattform" für personalisierte Kleidung mit Sitz in Leipzig. Schon einen Tag nach dem Attentat in Paris hätten Nutzer erste "Je Suis Charlie"-Motive auf die Seite hochgeladen, sagt Sprecherin Eike Adler. T-Shirts seien für viele "ein Medium, Gedanken und Gefühle auszudrücken". Bei Bestellungen übernimmt jeweils Spreadshirt Druck und Vertrieb. "Ausnahmsweise" habe man auch eigene "Ich bin Charlie"-Motive ins Netz gestellt. Für alle Waren in diesem Zusammenhang jedoch gelte: "Unsere Marge wird gespendet", sagt die Sprecherin. Soe sei bestimmt für eine französische Organisation, die für die Angehörigen der Opfer des Attentats auf "Charlie Hebdo" Geld sammle.
"Charlie Hebdo" erscheint in Rekord-Auflage
Zudem müssen die Motiv-Anbieter auf ihre Provision verzichten, hat Spreadshirt vorgegeben. Bereits am vergangenen Freitag seien alleine mehrere Hundert T-Shirts mit "Je Suis Charlie"-Aufdruck online verkauft worden. Lange dürfte die Nachfrage jedoch nicht anhalten, glaubt man bei Spreadshirt: "Der größte Hype war in den vergangenen vier Tagen", sagt Sprecherin Eike Adler am Dienstag: "Ende der Woche dürfte sich die Nachfrage beruhigen".
Zehntausende sagen "Ich bin Charlie"
Die jüngste "Charlie Hebdo"-Ausgabe - Heft 1 nach dem Attentat - wird unterdessen an diesem Mittwoch in Rekordauflage erscheinen: Eine Million Exemplare sind geplant, statt üblicherweise 60.000 Hefte. Statt 16 wird es nur acht Seiten umfassen; schließlich wurden bei dem Massaker ein Großteil der Redaktion ermordet und weitere Mitarbeiter verletzt. Ein Nachdruck von weiteren zwei Millionen Exemplaren, heißt es aus der Branche, sei bereits in Planung.
Auf Ebay.fr wird unterdessen versucht, auch alte Ausgaben zu Geld zu machen. Mehrere Hundert Angebote gibt es, darunter das letzte erschienene Heft vor dem Attentat für 390 Euro. Oder eines mit umstrittenen Mohammed-Karrikaturen aus dem Jahr 2006. Der "Sofort Kaufen"-Preis: 450 Euro. Das an diesem Mittwoch erschienene jüngste Heft wurde vorab gar für bis zu 100.000 Euro angeboten.