Essen. . In seiner Zelle erreichte Thomas Middelhoff die neue Anklage. Sie wirft ihm Untreue vor, weil er der Uni Oxford 800 000 Euro Arcandor-Gelder zahlte.

Neuer Rückschlag für Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff. Die Staatsanwaltschaft Bochum hat gegen den 61-Jährigen eine neue Anklage vor dem Landgericht Essen erhoben, bestätigte ein Sprecher der Behörde dieser Zeitung. Darin wirft sie ihm Untreue vor, weil er im Jahre 2009 zwei Tage vor seinem Ausscheiden als Vorstandsvorsitzender 800.000 Euro als Sponsoring an die britische Universität von Oxford überwiesen hatte. Für diese Summe hätte es keine Gegenleistung für den Essener Konzern gegeben.

In einem Zivilverfahren im Jahre 2013 hatte das Landgericht Essen die Zahlung bereits als „eigenmächtige Pflichtverletzung“ des Managers gewertet. Middelhoff wurde im November wegen anderer Vorwürfe zu drei Jahren Haft verurteilt. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Die neue Anklage erreichte ihn im Essener Gefängnis. Dort las Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, was ihm die Staatsanwaltschaft Bochum als weitere Untreue vorwirft: Die Zahlung von 800 000 Euro an die Universität von Oxford kurz vor seinem Ausscheiden sei eigenmächtig und nicht im Interesse des Konzerns gewesen.

Middelhoff war im November zu drei Jahren Haft verurteilt worden

Bernd Bienioßek, Sprecher der Bochumer Staatsanwaltschaft für Wirtschaftssachen, bestätigte am Dienstag dieser Zeitung, dass die neue Anklage beim Landgericht Essen erhoben wurde. Middelhoff war im November 2014 von diesem Gericht zu drei Jahren Haft verurteilt worden, weil er private Flüge und eine Festschrift durch den Essener Karstadt-Mutterkonzern Arcandor bezahlen ließ. Der 61-Jährige hat Revision gegen die Verurteilung eingelegt, sitzt aber in U-Haft.

Die neuen Vorwürfe basieren erneut auf Ermittlungen des Insolvenzverwalters; Arcandor hatte Mitte 2009 Konkurs angemeldet. Belastendes Material sicherte die Staatsanwaltschaft offenbar im Oktober 2010, als sie mit zwölf Ermittlern die Bielefelder Villa des ehemaligen Top-Managers durchsuchen ließ. Sein damaliger Verteidiger Sven Thomas hatte das in den Medien vorschnell als „Showveranstaltung der Staatsanwaltschaft“ bezeichnet. Der Anwalt hatte damals allerdings auch Vorwürfe wegen Middelhoffs Hubschrauberflügen als „absurd“ bezeichnet.

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Im neuen Verfahren geht es um einen Sponsoring-Vertrag zwischen Arcandor und der britischen Universität aus dem Jahre 2008, als es dem Essener Konzern bereits schlecht ging. Weihnachts- und Urlaubsgelder bekam die Belegschaft schon nicht mehr. Middelhoff soll Anfang 2009 an seinem vorletzten Arbeitstag in Essen eigenmächtig und ohne Wissen des Aufsichtsrates die Überweisung von 800 000 Euro nach England abgezeichnet haben.

Die Bochumer Staatsanwälte werten das als Untreue, weil es keine Gegenleistung für Arcandor gegeben hätte. Middelhoff, der in einem Gremium der geförderten „Said Business School“ an der Uni Oxford saß, verteidigte 2010 das Engagement. Es sei ihm um englischsprachige Talente für das Unternehmen gegangen: „Wenn man in den Gremien in Oxford sitzt, kann man mögliche Nachwuchskräfte gezielt ansprechen und für das eigene Unternehmen rekrutieren.“ Das sei „um ein Vielfaches günstiger“ als Aufträge an Personalberater.

Diese Argumentation hatte eine Zivilkammer des Essener Landgerichtes im Herbst 2013 nicht überzeugt. Es verurteilte ihn zur Rückzahlung der 800 000 Euro. Richter Michael Dickmeis sprach damals von einer Privatsache Middelhoffs. Dass Arcandor dafür zahlen musste, sei „eine eigenmächtige Pflichtverletzung“ des Managers.