Essen. Günther Jauch ließ über den Terror von Paris diskutieren - und zeigte, wie überflüssig Talkrunden sein können. Der Gastgeber selbst überzeugte. Aber nur als Wetteronkel.
War der Überfall zweier Attentäter auf die Redaktion der Pariser Zeitschrift "Charlie Hebdo" der 11. September für Europa? 20 Minuten lang ist dies die spannendste Frage, die ARD-Cheftalker Günther Jauch mit seinen Gästen zu bereden hat. Ulrich Wickert, Ex-Tagesthemen-Frontmann und Frankreich-Kenner, meint ja. Mathias Döpfner, Vorstandschef des Springer-Konzerns, wohl auch.
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere dagegen findet diesen Vergleich unpassend. Stattdessen schwärmt der CDU-Mann von der "warmen, traurig-schönen Atmosphäre" beim Trauermarsch in Paris, von dem er gerade zurück ist.
Kann man, zumal vor einem Millionenpublikum, oberflächlicher und verzichtbarer daherreden? Als gebe es angesichts der realen Bedrohung durch den islamistischen Terror nichts wichtigeres als die Frage, ob der Vergleich zwischen zwei Anschlägen hinkt oder nicht!
Kritik an Behörden? Bitte nicht!
Man könnte etwa darüber reden, wie die drei Attentäter von Paris, die den internationalen Sicherheitsbehörden ja durchaus bekannt war, trotzdem offenbar unbehelligt von Polizei oder Geheimdiensten ihre Taten planen und vorbereiten konnten. Frankreichs Regierungschef Manuel Valls selbst hat ja schon Versäumnisse eingeräumt. Und auch Wickert merkt an, dass die geheimen Dienste versagt hätten im Vorfeld der Tat.
Aber da spielt der Bundesinnenminister nicht mit. "Völlig unangemessen", so de Maiziere, sei die Kritik an den französischen Sicherheitsbehörden. Zu einem Zeitpunkt, da noch nicht alle Opfer beerdigt seien, verbiete sich solch eine Kritik, zumal aus Deutschland.
De Maizière will nicht über Vorratsdatenspeicherung reden
Einspruch, Herr Minister. Wann denn sonst, wenn nicht angesichts eines solchen Anschlags, soll man sich über offensichtliche Mängel bei der Terrorismusbekämpfung austauschen?! Und warum darf man hierzulande nicht mitreden? Als wäre der Kampf gegen den Terror nicht längst eine internationale Angelegenheit!
Man könnte auch darüber diskutieren, ob die von vielen Experten geforderte Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten bei der Fahndung nach Terroristen und womöglich bei der Verhinderung von Anschlägen hilfreich sein könnte. Thomas de Maiziere ist dafür, das hat er eben erst gesagt. In der Jauch-Runde aber drückt er das Thema weg.
Jauch springt hilflos von Thema zu Thema
Stattdessen spult er seine bekannten Phrasen ab: "Die Lage ist ernst. Aber es gibt keinen Grund zur Panik." Jauch hakt nicht nach, stattdessen springt er hilflos von Thema zu Thema. Was darf Satire? Alles? Weiter. Gibt es bei uns eine Islamophobie? Egal. Ist Multi-Kulti an seine Grenzen gestoßen? Wickert meint: nein, will aber lieber über die Motive der Attentäter reden. Ach ja, und Montag ist wieder Pegida-Tag. Wie viele diesmal wohl dabei sind? Man wird sehen, sagt Minister de Maiziere.
Zwischendurch teilt der Gastgeber mit, dass die Sendung auf großes Zuschauerinteresse stoße: Viele rufen an - weil sie wissen wollen, woher die Nebengeräusche im Hintergrund stammen. Da weiß Günther Jauch bestens Bescheid: Es sei der Sturm, der den Regen gegen die Studiofenster peitsche. Es ist Jauchs stärkste Szene des Abends.